Gelsenkirchen. Marius Müller hat den Schulabschluss nachgeholt. Im Förderkorb fiel schnell sein handwerkliches Geschick auf. Nun macht er eine Tischlerausbildung bei Droste.
Marius Müller ist seit knapp einem Monat der „Neue“ bei der Johannes Droste GmbH. In Praktikum und Einstellungstest konnte er punkten. Im August hat er mit seiner Ausbildung bei der Gelsenkirchener Tischlerei begonnen, die mit Innenausbau, Ladeneinrichtung und Messebau international für namhafte Kunden im Geschäft ist.
„In der ersten Woche war ich gleich mit auf einer Baustelle in Düsseldorf. Man kriegt klare Aufgaben. Ich komme in alle Bereiche rein, vom Lager übers Furnieren bis zum Lackieren und Fräsen“, sagt der 25-Jährige und wirkt höchst zufrieden. Müller steht noch ganz am Anfang seiner Berufslaufbahn und sagt dennoch: „Ich habe das Gefühl, ich bin angekommen.“ Wenn auch auf Umwegen.
Die Hauptschule hat Marius Müller vor einigen Jahren mehr schlecht als recht hinter sich gebracht, später seinen Zivildienst abgeleistet, dann in der Gastronomie gejobbt. Doch irgendwann, sagt der 25-Jährige, habe es klick gemacht, habe er sich gedacht: „Da muss mehr kommen, das müsste man verbessern“. Müller hat den Realschlussabschluss nachgeholt – und als klar war, dass er mit seiner Partnerin ein Kind bekommt, war die Motivation endgültig da, „was hinzukriegen und zu schaffen.“ Anfang des Jahres war das. Und Marius Müller war im „Förderkorb“ gelandet, der Jugendberufshilfe der Katholischen Sozialarbeit Gelsenkirchen gGmbH.
Testen, orientieren, platzieren
„TOP“ oder „Youth Work“ heißen hier die Programme, die junge Leute bis 24 Jahren mit den oft zitierten „multiplen Vermittlungshemmnissen“ auf die Spur bringen sollen. „Das geht in der Regel schon mit dem fehlenden Schulabschluss los“, sagt Annette Artmann-Karrenbrock, die als pädagogische Fachkraft gleich mehrere Projekte begleitet. Der Förderkorb flankiert hier die Kandidaten: mit Beratung, Hilfestellung bei Problemen, mit Bewerbungstraining und Begleitung im Arbeitsprozess, mit Struktur und Orientierung für die eigene Lebensführung. Das Ziel ist eine betrieblichen Ausbildung.
„TOP“ steht hier auch für „testen, orientieren, platzieren“, möglichst natürlich in der Praxis. „Der persönliche Kontakt zu Betrieben, aber auch zu den Bearbeitern im Jobcenter ist dabei wichtig. In den Firmen kennen uns viele und sprechen uns an“, sagt Artmann-Karrenbrock.
Ebenso entscheidend ist wohl der Branchenbezug, der im Haus vermittelt wird — in der Holzwerkstatt, der Hauswirtschaft oder Haustechnik, im Dienstleistungsbereich. In der kleinen Tischlerwerkstatt im Anbau des „Förderkorb“-Komplexes an der Wildenbruchstraße hat Marius Müller Grund-Erfahrung an den Maschinen gesammelt, hat erste Möbelstücke hergestellt. „Ich habe mit kleinen Sachen angefangen und das immer weiter gesteigert“, sagt er. Für den jungen Mann war ebenso wie für Tischlermeister Matthias Czarnetzki, den technischen Betriebsleiter und Anleiter schnell klar, dass Müller Händchen und Herz für das Handwerk hat.
Über allem steht als Leitmotiv des Förderkorbs der Satz „Wir sichern Übergänge“. Für den 25-Jährigen stand am Ende eben der Ausbildungsplatz bei Droste. Im Azubi-Alltag ist er angekommen, hat jetzt auch zur Ausbildungsvergütung Ausbildungsbeihilfe beantragt, damit er mit seiner kleinen Familie besser über die Runden kommt. .„Mir war wichtig, dass ich irgendwie weiterkomme“, sagt Müller, „und das hat ja geklappt“.
Platz für die Produktionsschule NRW
Als kleine Beratungsstelle hat der Förderkorb vor fast 30 Jahren angefangen. Die Zielgruppe damals wie heute: Junge Menschen mit mehr oder minder guten Berufsperspektiven. In Voll- und Teilzeit hat die Einrichtung aktuell rund 30 Beschäftigte, darunter Anleiter, Pädagogen, Sozialarbeiter. Schwerpunkte sind die Jugendberufshilfe, die Ausbildungsvorbereitung und die mobile Jugendarbeit.
Mit den – aus verschiedensten Töpfen geförderten – Projekten verändern sich die Anforderungen. Die Jugendberufshilfe ist daher buchstäblich ständig im Umbau. Aktuell werden in Eigenregie Räume des bisherigen Werkbereichs für ein neues Projekt hergerichtet. Der Förderkorb bekam den Zuschlag für die „Produktionsschule NRW“. Matthias Czarnetzki, der technische Betriebsleiter, steht vor der Herausforderung, „ganz viele Gewerke“ abzubilden. „Wenn ich hier Leute auf Handel, Lager, Logistik vorbereite, muss ich auch irgendwo ein Lager schaffen.“ Zumindest als Testfeld für die Praxis.