Gelsenkirchen. . Von der Platzreife waren die 15 WAZ-Leser, die im Rahmen der Aktion „WAZ öffnet Pforten“ im Golfclub Leythe den Abschlag übten, weit entfernt.
Golf spielen ist gar nicht so schwer. Zumindest, wenn man den Profis in Leythe zusieht. Die Einschätzung ändert sich allerdings schlagartig, wenn man selbst zum ersten Mal einen Abschlag versucht. Bei den 15 Gästen, denen die WAZ am Samstag die Golfplatz-Pforten öffnete, war das Können klein, aber der Spaß groß.
Während die einen mit dem Eisen kunstvoll Löcher in die Luft schlagen, anstatt den Ball zu treffen, fetzen andere gleich ganze Lehmbrocken mitsamt Wiese durch die Luft. Zum Teil sieht der unfreiwillig bearbeitete Boden nachher aus, als hätten Kaninchen in Panik eine Höhle bauen wollen. Es ist wirklich noch kein Meister vom Himmel gefallen.
Ein Golfball darf maximal 45,93 Gramm wiegen
Die Golfprofis Horst Büttner (43) und Julien Podlech (28) kümmern sich an diesem Morgen intensiv um die Frauen und Männer, denen Golfen noch ein Buch mit sieben Siegeln ist. Während viel Wissen über Putten, Chippen, Pitchen und langes Spiel vermittelt wird, fährt ein alter, völlig zerbeulter Wagen mit einem Gittergeflecht vor allen Fenstern über das Übungsgelände, um die vielen Golfbälle wieder einzusammeln.
Fynn ist mit seinen zwölf Jahren der weitaus jüngste Besucher. Er spielt normalerweise Minigolf und will wissen, wie sich Golf spielen anfühlt. Er scheucht die weißen Bälle, die maximal je 45,93 g wiegen dürfen, durch die Luft. Zwischen fünf Cent und fünf Euro kosten die Kugeln mit den Dellen auf der Oberfläche. Das Material – eine Wissenschaft für sich.
Ein Golfball oder ein Vogel?
Beeindruckend sind die Abschläge der Profis über einige 100 Meter. Ist es noch der Golfball, der weit hinten über den Bäumen entschwindet oder eher ein Vogel? Doch man lernt, dass es viel mehr auf die Technik beim Putten, also beim Einlochen des Balls auf dem Grün, ankommt. Da ist Gefühl gefragt, nicht Kraft.
5000 Meter – etwa vier Stunden ist man im Golfclub Haus Leythe e.V. unterwegs, wenn man alle 18 Loch spielt. „Man läuft dann aber eher acht bis zehn Kilometer“, klärt Julien Podlech auf. Wer nicht so viel Zeit oder Lust hat, kann auch neun Loch spielen. Zeit ist ja bei Berufstätigen Mangelware.
Markus Schmitz macht mit dem Golfen das Hobby zum Beruf
„Das Grün ist das Aushängeschild jedes Golfplatzes. Es gibt eine Firma, die nichts anderes macht, als sich um die Pflege zu kümmern“, erklärt der Profi, der – wie die meisten Golflehrer – Freiberufler ist. Maximal drei Millimeter ist der Rasen lang, dreimal pro Woche wird er geschnitten. Eine Augenweide für jeden Gartenbesitzer. Da könnte das Sprichwort „grün vor Neid“ her kommen.
Aber nicht jeder, der vom Golfvirus infiziert ist, darf sofort auf den Platz. Vorher braucht es einen Platzreifekurs für Technik, Regeln und Etikette. Normalerweise kostet er 450 Euro, am Tag der offenen Tür, 4. September – mit kostenlosen Schnupperkursen – ist er deutlich günstiger buchbar.
Die vorgesehenen zwei Stunden für die WAZ-Gruppe vergehen wie im Flug. Zum Schluss dürfen alle noch mal an die Eisen. Für die Frauen gibt’s kleinere und leichtere Schläger. Abschlag wird auf dem Übungsplatz trainiert. Für Außendienstler Jörg Meier (47), der mit einem Bekannten am Schnupperkurs teilnimmt, wäre Golf ein prima Ausgleich fürs stundenlange Sitzen im Auto. „Man kann auch Aggressionen gut los werden. Wenn sie nicht größer werden, weil man den Ball nicht trifft“, scherzt er. Aber Spaß macht ihm dieser Sport schon jetzt. Barbara Keldenich ist da nicht so sicher, ob das ihr Sport für die Zukunft wird. Im Gegensatz zum Ex-Polizisten Wolfgang Hütter-Quaas (73), der ganz begeistert ist. „Ich hab mein Leben lang viel Sport gemacht, Schwimmen, Tennis, Joggen. Aber ich muss sagen, Golf gefällt mir ausgesprochen gut.“ Nach über zwei Stunden ist die Begeisterung bei vielen groß, der Schnupperkurs aber zu Ende.
„Die zweitschwerste Technik im Sport, nach dem Sporthochsprung“
Wenn man hinter einem Golfplatz aufwächst, scheint der berufliche Lebensweg programmiert zu sein. Markus Schmitz (22) ist Azubi des Golfclub Haus Leythe e.V. und schon im dritten Lehrjahr.
Sind Eltern nicht sprachlos, wenn ein Knirps sagt, er will Golflehrer werden? „Egal, was du machst, Hauptsache du machst was“, haben seine Eltern immer gesagt und ihm freie Hand gelassen. „Ich hab früh reinschnuppern können und dann mein Hobby zum Beruf gemacht“, sagt der Nachwuchs-Profi-Golfer und findet seine Ausbildung ganz spannend.
Drei Seminare hat man im Jahr zusammen mit anderen Sportlern aus Österreich und Italien zum Beispiel. „Ungefähr 50 sind es immer pro Jahr - länderübergreifend. Man sagt, die Technik beim Golfspielen sei die zweitschwerste nach dem Stabhochsprung“, klärt der 22-Jährige auf.
„Als Kröte habe ich viel Fußball gespielt.“ Aber dann mit 14 Jahren gab es eine Schul-AG und er hatte zum ersten Mal einen Schläger in der Hand. In der 10. Klasse hat er beim Golfclub ein Praktikum gemacht, und dann war der Weg klar: Golflehrer. Ein beruflicher Volltreffer – wie man seinem begeisterten Erzählen entnehmen kann.