Gelsenkirchen. Er war der Mann fürs Grobe, bei Überfällen schickten die Komplizen ihn zuerst ins Geschäft. Jetzt muss er sechs Jahre in Haft.
Im Prozess hatte der 25 Jahre alte Essener ein volles Geständnis abgelegt und die Raubüberfälle in Gelsenkirchen und Esseneingeräumt. Das honorierte die XVI. Essener Strafkammer und blieb zwei Jahre unter dem Strafantrag von Staatsanwalt Lukas Kapica. Aber auf sechs Jahre Haft lautete am Mittwoch dennoch das Urteil nach zwei Prozesstagen.
Rund 5500 Euro hatte er mit zwei Komplizen erbeutet. Am 9. November 2014 tauchte er in einem Kiosk an der Gewerkenstraße in Schalke auf. Er bedrohte die Mitarbeiterin mit einem Messer, bekam zehn Stangen Zigaretten und 320 Euro. Sechs Tage später ist in Essen-Schonnebeck ein Tankstellenmitarbeiter das Opfer. Beute: 5000 Euro. Und am 20. November, diesmal mit einer Spielzeugpistole bewaffnet, erpresst er 200 Euro in einer Spielhalle am Rande der Gelsenkirchener Innenstadt.
Kioskkassiererin litt stark unter den Folgen des Überfalls
Richterin Hannah Deimer erinnerte im Urteil daran, wie unterschiedlich die Opfer die Überfälle verarbeitet hätten. Während der Essener Tankstellenmitarbeiter sich von der Erinnerung nicht aus der Fassung bringen ließ, litt die Kioskkassiererin fast zwei Jahre danach immer noch unter den Folgen. Der Angeklagte habe ja bedrohlich wirken wollen, erinnerte die Richterin an die äußeren Umstände: „Mit Ihren 1,91 Meter Länge und dem Messer wollten Sie Angst verbreiten.“
Strafmildernd rechnete die Kammer ihm an, dass sein Komplize die treibende Kraft bei der Planung der Taten war. Erst am Tatort musste der Angeklagte die Initiative übernehmen, als eine Art Mann fürs Grobe. Deimer: „Bei der Ausführung waren Sie die dominante Kraft, Sie gingen vorweg.“
Wichtig erschien der Kammer die Drogensucht des Angeklagten. Es waren nicht nur 20 000 Euro Schulden, die der 25-Jährige als Motiv genannt hatte. Geld brauchte er auch, um seinen Kokainkonsum von zwei bis fünf Gramm täglich zu finanzieren, Alkohol kam noch hinzu.
Gericht sieht keine Anzeichen für verminderte Schuldfähigkeit
Eine verminderte Schuldfähigkeit, die der psychiatrische Gutachter gesehen hatte, gestand das Gericht dem Angeklagten aber nicht zu. Denn am Tattag sei ein „akuter Rausch“ nicht festzustellen gewesen. Auch seine Steuerungsfähigkeit sei nicht eingeschränkt gewesen, sagte Deimer: „Sie haben bei den Überfällen angemessen reagiert. Als es einmal Probleme gab, haben Sie sogar deeskalierend auf ihren Komplizen eingewirkt.“
Strafmildernd wirkte sich die Sucht aber doch aus. Denn dadurch sei er enthemmt gewesen und habe Druck gespürt, neue Drogen zu kaufen. Zwei Jahre lang muss der Angeklagte deshalb in die geschlossene Entziehungsanstalt. Schafft er die Therapie, kann er schon nach der Hälfte der Strafe wieder frei sein. Die Therapie sei kein Spaziergang, meinte Deimer, aber er solle diese als Chance begreifen.