Gelsenkirchen. Das Thema Sucht steht im Mittelpunkt der Kampagne „100 % (er)Leben“, die am Heinrich-König-Platz In Gelsenkirchen gestartet wurde. In der Stadt gibt es mittlerweile 140 Selbsthilfegruppen

„Wir lassen niemandem im Stich“ ist die zentrale Botschaft, die gestern Selbsthilfe-Kontaktstellen, Jugendamt und Verbände an Süchtige und suchtgefährdete Menschen richtete. Gestern stand das Thema Sucht bei der Kampagne „100 % (er)Leben!“ im Mittelpunkt für Aufklärung, Vorbeugung und Bekämpfung. Der Standort vor der Altstadtkirche war gut gewählt. So begegnete vielen Bürgern beim Gangt in die Stadt das Thema zwangsläufig. Menschen kamen ins Gespräch, ließen sich über die zahlreichen Angebote von Stadt und Verbänden aufklären. Bei einem Quiz am Stand konnten sich Eltern und Jugendliche schlau machen, welche Regeln das Jugendschutzgesetz vorschreibt. Gleich in sechs Sprachen hat die Stadt aufgelistet, was erlaubt und wo Jugendlichen der Zugang versperrt ist. Die jüngsten Besucher hatten eher ein Auge für die kleinen Gummibären, die auf den Tischen platziert waren, während der Stelzenmann in blau-rotem Gewand simple Luftballons im Handumdrehen zu unterschiedlichen Tieren formte.

Den pädagogischen Auftrag, das Thema mit Schwung in in die Köpfe der Besucher zu bringen, erledigte die Gruppe „Blues fraggles“ mit Bravour. Wer Pause von Informationsgesprächen einlegte, der wippte auf der steinernen Treppe zu den Klängen der Ruhri-Band. Katharina Küsgen von der Fachstelle für Suchtvorbeugung war von der Resonanz zur Eröffnung der Kampagne angetan. In der Woche stellen sich Selbstthilfegruppen vom Blauen Kreuz und Kreuzbund in Buer, Schalke und im Haverkamp vor.

Lebensängste

Wilfried Klosssek war lange alkoholkrank, musste selbst während der Arbeit trinken, konnte nachts nicht schlafen: „Mir zitterten die Hände, mein Körper konnte nicht mehr ohne, ich hatte Lebensängste, wollte vor mir weglaufen.“ Seit 1983 ist der 64-Jährige trocken. Er hatte erkannt, dass die Selbsterkenntnis, seinem Körper helfen zu müssen, der richtige Weg ist. „Es ist keine Schande, alkoholkrank zu sein, aber eine Schande, nichts dagegen zu tun.“ Geholfen hat ihm die Therapie und die Blau-Kreuz-Gruppe, die er auch heute noch aufsucht.

In Gelsenkirchen gibt es mittlerweile 140 Selbsthilfgegruppen, in denen nicht nur das Thema Sucht behandelt witrd. Auch psychische Erkrankungen, Rheuma, Krebs oder auch Armut im Alter sind Themen, die die Menschen belasten und über die sie in der Gruppe sprechen wollen. Ute Rosenthal von der Paritätischen, spürt, dass die menschen den Rückhalt in der Gruppe finden und sie häufig als Ergänzung zu therapeutischen Maßnahmen sehen. „Man unterstützt sich gegenseitig, profitiert durch Erfahrensaustausch.“´