Gelsenkirchen. 20-Jähriger soll eine Gelsenkirchenerin Weihnachten im Stadtteil Buer brutal überfallen haben. Marokkaner ist auch wegen versuchten Mordes angeklagt
Sie war sicher, dass sie nicht überleben würde, hatte sich im Kopf von ihrer Familie verabschiedet. Die Nacht vom 23. auf den 24. Dezember vergangenen Jahres hat die 24-jährige Gelsenkirchenerin verändert und tief traumatisiert: Auf dem Heimweg vom traditionellen Glühweintrinken mit Freunden auf dem Weihnachtsmarkt wurde sie von hinten gepackt, bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt, in eine Garageneinfahrt an der Mühlenstraße in Gelsenkirchen-Buer gezerrt und dort vergewaltigt.
Angeblich einvernehmlicher Sex
Täter soll ein 20-jähriger Marokkaner, ebenfalls aus Gelsenkirchen, gewesen sein. Er muss sich seit gestern vor dem Essener Landgericht wegen versuchten Mordes und Vergewaltigung verantworten.
Die Kapuze der dunkelgrünen Jacke mit dem Pelzkragen hat der Angeklagte tief übers Gesicht gezogen, als er in den Sitzungssaal geführt wird. Gefilmt werden will er nicht. Ein Geständnis gibt es nicht. Indizien sprechen gegen ihn, zum Beispiel können ihm DNA-Spuren zugeordnet werden. Mit eindringlichen Worten versucht Richter Volker Uhlenbrock, Vorsitzender der V. Strafkammer, dem Angeklagten zu erklären, welchen Wert ein Geständnis für ihn hätte.
Vergeblich. Nahezu gebetsmühlenartig muss sein Dolmetscher immer wieder übersetzen: „Ich kann mich an nichts erinnern.“ Von sieben Valium Tabletten, die er geschluckt haben will, weiß er angeblich, von Alkohol und von einer Marihuana-Zigarette, die er geraucht haben will. Dann der Blackout, so sagt er.
Bei den Angaben zu einvernehmlichem Sex auf einer Parkbank in Buer, die er seinerzeit bei der Polizei gemacht hatte, habe er sich im Datum geirrt, behauptet er nun. Intensiv und ausgiebig beschäftigt sich der Angeklagte mit seinen Händen und knibbelt an den Fingern, als die Zeugin immer wieder unter Tränen aussagt.
Glühwein mit Schuss habe sie auf dem Weihnachtsmarkt getrunken und anschließend in der Gaststätte „Wacholderstübchen“ noch Bier, erinnert sich die medizinische Fachangestellte mit den langen blonden Haaren.
Annäherung bemerkt
„Mir wurde schlecht. Ich wollte nach Hause“, berichtet die Gelsenkirchenerin dem Gericht weiter. Auf dem Weg schickte sie einem Freund noch eine Sprachnachricht, die damit endete, dass sie merke, dass sich von hinten jemand nähere. Und dann, so die 24-Jährige, habe sich schon ein Arm um ihren Hals gelegt. „Ich habe versucht mich zu wehren, habe keine Luft mehr bekommen. Bin immer wieder weg gewesen“, erinnert sie sich an den Realität gewordenen Alptraum, den sie in einer Therapie zu verarbeiten versucht. Für den Prozess sind drei weitere Tage terminiert.