Gelsenkirchen. Eine Randsportart in Deutschland, aber Nationalsport für viele Flüchtlinge. In Gelsenkirchen gibt es nun die erste Cricket-Mannschaft
Cricket – bislang war der englische Volkssport nur eine Randsportart, die in Deutschland wenige Fans hatte. Seit einiger Zeit aber bilden sich immer mehr Mannschaften. Auch in Gelsenkirchen. Denn was für den Deutschen der Fußball ist, die schönste Nebensache der Welt, ist für viele Asylsuchende Cricket: der Zeitvertreib Nummer eins. In Afghanistan war Cricket eine der wenigen sportlichen Aktivitäten, die unter der Taliban-Herrschaft akzeptiert worden ist, ebenso in Pakistan zählt Cricket zu den beliebtesten Sportarten.
Nun hat sich auch in Gelsenkirchen die erste Cricket-Mannschaft formiert. Flüchtlinge, unter anderem aus Afghanistan, Bangladesh und Pakistan, haben sich zusammengetan und zunächst mit selbst gebasteltem Sportzubehör auf einer Wiese hinter der Unterkunft an der Westerholter Straße in Buer gespielt.
„Wir sind regelmäßig in den unterschiedlichen Unterkünften in Gelsenkirchen unterwegs und schauen, ob wir helfen können“, sagt Jan Dworatzeck von der Initiative „anGEkommen“. Das unabhängige Bündnis möchte Geflüchtete in Gelsenkirchen unterstützen – auf möglichst unbürokratischem Weg. „Als meine Kollegen gesehen haben, wie viel Spaß die Flüchtlinge am Cricketspiel haben und sich selber zu einem Team organisierten, war es für uns keine Frage, das zu unterstützen“, so Dworatzeck. Kurzerhand wurde eine Cricket-Ausrüstung organisiert.
Zunächst improvisiert
Seitdem treffen sich die Spieler zwei bis drei Mal in der Woche zum Training – auch Turniere werden immer wieder gerne ausgetragen. „Da geht es mal Unterkunft gegen Unterkunft oder Nation gegen Nation“, sagt Dworatzeck. „Aber immer sehr entspannt und friedlich. Der Sport verbindet die jungen Männer miteinander, egal woher sie kommen.“
Momentan gehen es die jungen Spieler etwas langsamer an. Es ist Ramadan – die Muslime fasten und sollten sich in dieser Zeit nicht überanstrengen. Aber sie stehen in den Startlöchern und freuen sich auf das nächste Training und die nächsten Turniere. „Wir haben mit Gelsensport Kontakt und suchen für die Spieler ein geeignetes Feld. Egal ob Ascheplatz oder Kunstrasen“, sagt Jan Dworatzeck. „Es ist allein psychologisch schon ein Unterschied, ob auf einem Sportplatz oder auf der Wiese hinter der Tür trainiert wird.“ Auch in anderen Sportbereichen sind die Ehrenamtler von „anGEkommen“ mit den Asylsuchenden unterwegs. Unter anderem trifft sich eine kleine Gruppe zwei Mal die Woche zum Joggen, viele Flüchtlinge spielen unter Anleitung eines syrischen Trainers Fußball. „Wir möchten noch mehr auf die Beine stellen und werden dabei von ‘Schalke hilft’ unheimlich unterstützt, wofür wir sehr dankbar sind“, so Dworatzeck.
Nach dem Ramadan soll es dann mit der ersten Cricket-Mannschaft weitergehen. Auch Gelsenkirchener sind eingeladen, sich den außergewöhnlichen Sport anzusehen und – bei Interesse – die Mannschaft zu vergrößern.