Gelsenkirchen. . Das weitverbreitete Leiden Sodbrennen war thema beim WAZ-Medizinforum mit dem Sankt Marien-Hospital Buer. Das Besucherinteresse war riesengroß.

Knapp ein Drittel der Deutschen haben einmal im Jahr Sodbrennen – mindestens. Zehn Prozent leiden sogar täglich darunter, dass die Magensäure die Speiseröhre aufsteigt und für brennenden Schmerz sorgt. Das Volksleiden kann meist leicht therapiert werden. Er kann aber auch einen gefährlichen Hintergrund haben, erklärten die Ärzte beim WAZ-Medizinforum am Mittwoch im Michaelshaus.

„Die Aufgabe des Magens ist es, Magensäure zu produzieren und damit die Speise für den Darm vorzubereiten“, erklärte Evangelos Efthimiadis, Leitender Oberarzt der Medizinischen Klinik im Sankt Marien-Hospital. „Diese Säure wird von der Magenschleimhaut gebildet, die hält diese Säure auch aus.“ Im Gegensatz zur Speiseröhre. Gelangt sie durch einen Reflux, einen Rückfluss, dorthin, wird die Schleimhaut der Speiseröhre angegriffen und schmerzt.

Ursache ist häufig der versagende Speiseröhrenverschlussmuskel

Dies alles verhindert der Speiseröhrenverschlussmuskel normalerweise. Er wird durch das Zwerchfell zusammengepresst und den hohen Druck im Bauchraum. Das verschließt den Mageneingang – wenn Magen und Speiseröhre im richtigen Winkel (60 Grad) zueinander liegen. Ein Zwerchfellbruch etwa kann das verhindern. Sodbrennen, so der Mediziner, könne durch falsche Ernährung verursacht werden oder durch Erkrankungen wie die verminderte Selbstreinigungsfähigkeit der Speiseröhre.

Magenspiegelung und PH-Wert zur Diagnostik

 Oberarzt Evangelos Efthimiadis erläuterte Diagnosemethoden.
Oberarzt Evangelos Efthimiadis erläuterte Diagnosemethoden. © Funke Foto Services

Zur Diagnostik dient die Magenspiegelung, die auf Patientenwunsch frühzeitig durchgeführt werden kann und bei Alarmsignalen wie Schmerzen beim Schlucken oder ungewolltem Gewichtsverlust Pflicht ist. „Wir können aber auch 24 Stunden lang den pH-Wert untersuchen“, so Efthimiadis. Dann müssen Patienten aufschreiben, wann sie Schmerzen haben. Decken sich diese mit einem Säureanstieg in der Speiseröhre, ist die Diagnose klar. Wichtig sei es, andere, schwerwiegende Erkrankungen auszuschließen.

Protonenpumpenhemmer sind gut, werden aber zu oft verschrieben

Oft sei Sodbrennen erfolgreich mit Medikamenten therapierbar, erklärte Dr. Thomas Herchenbach, niedergelassener Gastroenterologe. Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol haben sich schon lange bewährt, so der Arzt. „Sie sind wirksam, gut und in der Langzeittherapie sicher.“ Eine Alternative, aber weniger wirksam, seien frei verkäufliche Säurebinder. Schwierig werde es, wenn Medikamente nicht helfen. Dann gelte es, die Dosis und Einnahme zu überprüfen: „Man muss die Tabletten eine halbe Stunde vor dem Essen nehmen.“ Generell würden die Protonenpumpenhemmer zu oft verschrieben, so Herchenbach. Dabei seien auch sie nicht frei von Nebenwirkungen. Oft entstehe ein Mangel an Vitamin B12 und Magnesium, der ausgeglichen werden müsse. „Wenn ein Arzt unsicher ist, ob der Patient die Medikamente braucht, sollte er sie mal aussetzen.“

Chefarzt Dr. Frank P. Müller betonte, dass Medikamente das erste Mittel der Wahl sind. Wenn die nicht helfen, sei eine Operation jedoch angeraten.
Chefarzt Dr. Frank P. Müller betonte, dass Medikamente das erste Mittel der Wahl sind. Wenn die nicht helfen, sei eine Operation jedoch angeraten. © Funke Foto Services

Die medikamentöse Therapie hat bei Sodbrennen immer den Vorzug, unterstrich auch Dr. Frank Peter Müller, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie. Er habe großes Verständnis für den Leidensdruck der Patienten. „In den USA heißt Sodbrennen nicht ohne Grund Herzbrennen. Das ist ein Vernichtungsschmerz.“ Dazu kämen Beschwerden wie Zahnprobleme und Mundgeruch, der ein soziales Problem darstelle. Wenn Medikamente nicht helfen, sei eine Operation zum Erhalt der Lebensqualität angebracht.

Operation verhindert den Rückfluss

„Der Chirurg geht von der anderen Seite an das Problem: Er verhindert den Reflux, nicht die Säurebildung.“ Ein Eingriff, der sich nach dem Zwerchfellbruch anbietet und auch, wenn die Speiseröhre nicht mindestens zwei Zentimeter in den Magen hinein reicht. „Ich versuche, die Anatomie wieder herzustellen“, fasste er zusammen und beruhigte, die meisten Eingriffe könnten heute laparoskopisch, durchgeführt werden. Große Wunden gibt es also nicht. „Und 80 Prozent der Patienten sind nach fünf Jahren zufrieden.“

Patienten können ihr Leiden auch selbst durchaus lindern 
Besonders groß war das Besucherinteresse beim  Thema Sodbrennen.
Besonders groß war das Besucherinteresse beim Thema Sodbrennen. © Funke Foto Services

Viele Menschen, die unter Sodbrennen leiden, können ihr Leiden selbst positiv beeinflussen, unterstrichen alle drei Ärzte. Schon Gewichtsabnahme könne Linderung bringen. „Es kann auch helfen, das Kopfende des Bettes etwas zu erhöhen und späte Mahlzeiten zu vermeiden“, erklärte Thomas Herchenbach. „Wer sich abends den Bauch vollschlägt, hat nachts Probleme.“ Rauchen und Alkoholgenuss können Sodbrennen ebenso befeuern wie – natürlich besonders leckere – Lebensmittel. Schokolade, Kaffee, schwarzer Tee. Zitrussäfte, scharfe oder fette Speisen und Kohlensäure etwa. Zudem reagiere jeder auf bestimmte Lebensmittel anders. Daher der Rat: „Achten sie darauf, durch welche Lebensmittel Beschwerden ausgelöst werden und vermeiden sie diese.“

Beim Reizmagen kann der Arzt oft wenig tun

Alternativen wie Säure-Basen-Pulver hätten ihre Wirksamkeit bislang nicht unter Beweis gestellt. „Wem es hilft, kann man es aber ruhig nehmen“, so Herchenbach. Eine erbliche Komponente gebe es beim Sodbrennen übrigens nicht.

Nebenthema des Abends war der Reizmagen. „Das ist eine funktionelle Erkrankung“, erklärte Thomas Herchenbach. „Das heißt, die Patienten haben Oberbauchschmerzen, aber der Doktor findet nichts.“ Betroffen sind mehr Frauen als Männer. Die Beschwerden werden häufig durch Stress ausgelöst. Sie äußern sich als Druck oder Völlegefühl, Schmerzen oder geblähter Leib und sind nicht immer gleich stark. Eine diagnostische Abklärung sei aber ratsam, so die Ärzte. Gibt es keine erkennbare Ursache, könne die Medizin nicht helfen, es bestehe aber auch keine Gefahr. Helfen könne dann nur, Stress abzubauen und Entspannungstechniken zu erlernen.