Gelsenkirchen. Der Rohstoff Information landet zur freien Verfügung im Open-Data-Portal. Für eine klassische Verwaltung, so der OB, sei das „ein Paradigmenwechsel“.
Statistiken, Einwohnerdaten, Fakten zur Infrastruktur, zum Verkehr, zu Fahrzeugen, zu Grundstücken und Grenzen: Die Stadt sammelt Daten. Die Stadt produziert Daten. Und bald wird sie sie teilen. Donnerstag stellte die Verwaltung ihr Konzept zur Einführung von Open Data vor. Zunächst geht es in die politischen Gremien, dann in die praktische Vorbereitung. Das Ziel: Ab Frühjahr 2017 stehen kommunale Daten zur freien Weiterverwendung zur Verfügung. Zunächst für eine einjährige Testphase.
Ein großer, deutlicher Schritt
„Das ist für eine klassische, deutsche Verwaltung ein großer, deutlicher Schritt. Wir geben den Rohstoff Information frei und stellen ihn Dritten zur Verfügung. Das ist ein weiterer wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung, geben damit aber auch die Deutungshoheit aus der Hand“, sagt Oberbürgermeister Frank Baranowski. Natürlich geht es nicht um personenbezogene Daten, gelten weiterhin die strengen Richtlinien zum Datenschutz. Und dennoch sieht der OB „einen Paradigmenwechsel“ und erinnert an gar nicht so ferne Zeiten in den 1980ern, in denen Vorlagen zur Volkszählung geschwärzt wurden. Auch von ihm.
Nach Kölner Muster entwickelt Gelsenkirchen auf dem angestrebten Weg zur vernetzten Stadt mit erweiterten Online-Angeboten sein eigenes Open-Data-Portal. 15 Städte in NRW teilen bislang ihre Datensätze, binden auch die von Verkehrsbetrieben oder beispielsweise Ordungshütern und Parkhausbetreibern ein. Dem Prinzip von Open Data folgend kann künftig jeder, der über das entsprechende Programmier-Know-how verfügt, die Daten der Stadt weiterverwenden und daraus Apps oder Internetseiten mit praktischem Anwendernutzen entwickeln – sei es bei lokalen Stauwarnungen via Navi oder Wartezeiten bei Behördengängen. Bei der Stadt gilt durchaus das Überraschungsprinzip. Man werde die Daten anbieten und „gespannt gucken, was die Community daraus macht“.
Daten werden in Echtzeit bereit gestellt
Die Daten für Apps oder Online-Recherche werden „künftig in Echtzeit geliefert. Und wir bieten Formate an, die weiter verbunden und verwendet werden können, anders als zum Beispiel bei Google oder Falk, wo man nur gucken kann“, betonen Ulrike Karn und Manfred von Sondern, die mit ihrer Arbeitsgruppe Open Data in Gelsenkirchen starten.
Kontakte zu potenziellen Anwendern wurden bereits geknüpft – wie zur Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen. In den Studiengängen Journalismus und PR sowie Kommunikationsmanagement, so Prof. Kurt Weichler, komme man an dem Thema gar nicht vorbei. „Und jetzt haben wir ein Versuchsfeld direkt vor der Tür.“
Schubkraft für den Freifunk in Gelsenkirchen
Und auch das ist ein Baustein im großen Komplex „Smart City“: Die Große Koalition in Berlin will bis zum Herbst das Ende der sogenannten „Störerhaftung“ gesetzlich verankern. Hotspot-Betreiber können dann nicht mehr für illegales Verhalten ihrer Gäste im Netz belangt werden. Die Entscheidung wird allseits begrüßt – angefangen beim lokalen Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) bis zur Ratsfraktion der Grünen. „Wenn man in andere Länder guckt, hinkt Deutschland noch deutlich hinterher. Die sogenannte Störerhaftung hat den Aufbau von freien Wlans lange gehemmt. Von daher sind wir froh, dass die Bundesregierung nun endlich deren Abschaffung ankündigt“, so Jürgen Prekel, Sprecher der Grünen in Gelsenkirchen.
Der Freifunk-Bewegung könne diese Abschaffung nur helfen, glaubt Prekel. „Wir erleben vor unserem Büro, in dem wir Freifunk anbieten, wie Menschen aller Nationalitäten und Bevölkerungsgruppen das Angebot nutzen, um kostenlos im Internet zu surfen und zu kommunizieren.“ Die Frequenz an manchen Punkten ist so hoch, dass der Zugang nach Beschwerden – beispielsweise am Linken-Büro zeitlich oder in Buer am Dom komplett – reglementiert wurde. Längs der Hauptstraße ist das Freifunk-Netz eng geknüpft, stadtweit gibt es rund 90 Verteiler-Knoten in der Stadt, die Falken haben beispielsweise ihre Jugendtreffs zur Freifunk-Zone gemacht.
Freifunker Heinz Niski findet eine Gesetzesnovelle überfällig, bleibt aber skeptisch. Privat werde Freifunk lokal zwar bald leichter umzusetzen sein, dennoch, glaubt er, werde die Stadt Gelsenkirchen die Nutzungshürden in öffentlichen Gebäuden aufrecht halten.