Gelsenkirchen. Gerade erst hat der FC Schalke 04 den Vertrag mit Hauptsponsor Gazprom verlängert. Marketing-Vorstand Alexander Jobs äußert sich im Interview dazu.

Der FC Schalke 04 stellt Weichen für die Zukunft. Gerade wurde der Vertrag mit Hauptsponsor Gazprom verlängert, da gibt Marketing-Vorstand Alexander Jobst (42) bekannt, dass die Mannschaft im Juli für eine Woche nach China reisen wird, um die Internationalisierung des Vereins voranzutreiben.

Herr Jobst, zum Einstieg die Frage eines jungen Fans, die ich unbedingt an Sie weiterreichen soll.

Alexander Jobst: Worum geht’s denn da?

Er möchte wissen, ob das neue Schalke-Parkhaus am Stan-Libuda-Weg blau-weiß angestrichen wird?

Jobst: (lacht) Denkbar ist das. Aber nicht jetzt. Vielleicht wird sich da in der Zukunft ein neuer Partner im Automobilbereich präsentieren, da Volkswagen und Schalke ja ab Sommer getrennte Wege gehen.

Gibt es da schon einen konkreten Hinweis?

Jobst: Wir verhandeln mit noch einigen wenigen Herstellern, nachdem wir uns aber auch ein paar Absagen eingehandelt haben.

Warum die Absagen?

Jobst: Das sind teilweise strategische Gründe der Unternehmen und teilweise finanzielle. Es ist angesichts der Situation nicht ganz einfach ist für uns, die Preise, die wir fordern und die dem FC Schalke 04 in seiner Größe gerecht sind, durchzusetzen.

Wie gestaltet sich denn die Situation in Ihrem Verantwortungsbereich? Sie ist ja ähnlich der vergangenen Saison. Da wurden die Sponsoren unruhig, weil die Champions League verpasst wurde.

Jobst: Es ist bei einigen Sponsoren eine gewisse Unruhe vorhanden. Wir kommen im zweiten Jahr in Folge nicht in die Champions League, erwarten jedoch seit vielen Jahren verbunden mit unserem eigenen Anspruch das entsprechende finanzielle Engagement unserer Partner. Das ist eine Herausforderung in meinem Verantwortungsbereich, an der wir aufgrund unserer größtenteils langfristigen Verträge akribisch arbeiten.

Wie sieht es denn angesichts dieser Konstellation mit den Marketing-Erlösen aus?

Jobst: In den fünf Jahren, in denen ich auf Schalke arbeite, haben wir sie von Jahr zu Jahr erheblich steigern können. Im Jahr 2015 haben wir in meinem Verantwortungsbereich knapp 90 Millionen Euro der insgesamt 264,5 Millionen Euro erwirtschaftet. Für die kommende Saison werden voraussichtlich die Vermarktungserlöse erstmals stagnieren.

Aber der Deal mit Gazprom ist doch augenscheinlich ein sehr guter.

Jobst: Ja, das ist er! Nach Monaten der Verhandlungen haben wir den Vertrag in der vergangenen Woche in St. Petersburg finalisieren können. Die Laufzeit beginnt zur übernächsten Saison ab 1. Juli 2017 und beträgt fünf Jahre bis zum 30. Juni 2022.

Die Konditionen, die im Raum stehen, erscheinen sehr gut.

Jobst: Zu konkreten Zahlen sage ich nichts...

... es wird kolportiert, Gazprom zahle derzeit als Hauptsponsor 16 Millionen Euro pro Saison. Wir nehmen an, diese Zahl konnte gesteigert werden.

Jobst: Wir haben eine Verbesserung erzielt, keine Frage.

Es ist die Rede von bis zu 150 Millionen Euro. Dementieren Sie?

Jobst: Ich nehme dazu gar nicht Stellung. Es gibt einen Vertrag, der neben fixierten Beträgen zusätzlich auch erfolgsabhängige Prämien vorsieht.

Gut, eine andere Frage zum Thema: Wenn andere Sponsoren unruhig werden, warum sattelt Gazprom noch oben auf?

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Jobst: Wenn Sie jemanden gefragt hätten, der den Markt beobachtet, hätte er Ihnen wahrscheinlich gesagt, dass eine Fortsetzung an dieser Stelle nicht möglich sein würde. Aber das Verhältnis zwischen Gazprom und dem FC Schalke 04 ist neben der Wirtschaftlichkeit auch geprägt von großer beidseitiger Loyalität. Das heißt in der Konsequenz, dass sich das Unternehmen zu keiner Zeit in die Vereinspolitik eingemischt hat und ebenso zu schätzen weiß, welchen Stellenwert der FC Schalke 04 in der Bekanntheit für Gazprom in Europa hat.

Haben Sie sich denn mit Alternativen beschäftigt?

Jobst: Ja, das haben wir. Alles andere wäre fahrlässig gewesen. Man muss immer den Markt beobachten und sich daran auch orientieren. Der Durchschnittswert eines Trikotsponsors in der Bundesliga liegt heute bei ca. sechs bis sieben Millionen Euro. Die Vertragsverlängerung lässt sich mit drei Schwerpunkten zusammenfassen: Loyalität, Langfristigkeit und Wirtschaftlichkeit gaben den Ausschlag für unseren erfolgreichen Abschluss, der dem FC Schalke 04 zu großer wirtschaftlicher Stabilität in den nächsten Jahren verhilft.

Wo liegen denn strategische Überschneidungen? Ohne die würde Gazprom sich doch nicht so engagieren.

Jobst: Ein wichtiger Aspekt ist die weitere Internationalisierung, die wir anstreben.

Heißt konkret?

Jobst: Wir gehen in diesem Sommer nach China. Die Reise ist fix. Die Mannschaft wird vom 2. bis 9. Juli reisen und in China zwei Freundschaftsspiele absolvieren.

Was hat das mit Gazprom zu tun?

Jobst: Unser Hauptsponsor verlagert ebenfalls Teile seines Kerngeschäftes dorthin und wird sich unserer Reise anschließen, um auch sein Vorhaben bekannter zu machen.
Welchen Charakter hat so eine Reise? Der sportliche Wert dürfte doch mehr als begrenzt sein.

Jobst: Der Fokus dieser Reise liegt tatsächlich auf dem Marketing. Beide Spiele, die wir austragen, werden landesweit im Fernsehen übertragen. Das ist angesichts der Bevölkerungszahlen in China schon ein echtes Pfund.

Sie waren doch im vergangenen Jahr schon dort.

Jobst: Genau. Diese Beziehungen wollen wir ausbauen und werden – wie angekündigt - auch eine Repräsentanz in Shanghai eröffnen. Die Agentur, die Schalke 04 vor Ort vertritt, haben wir jetzt gefunden. Ihre erste Aufgabe ist es nun, unsere Reise vorzubereiten und entsprechende Marketing-Maßnahmen im Sommer umzusetzen. Wir wollen Fans aus China für den FC Schalke 04 gewinnen (bereits täglich 1,5 Millionen Kontakte nach China über die digitalen Kanäle, Anm. der Red.), Gespräche mit Sponsoren führen, neue Partner akquirieren und unser Netzwerk in der Politik aufbauen.

Wieso die Politik? Weil man in dem Land nicht an ihr vorbeikommt?

Jobst: Weil China beispielsweise ein Staatsprogramm für Fußball aufgelegt hat, um in diesem Sportbereich richtig stark zu werden. Fußball dort wird immer populärer. Da gibt es riesige Potenziale. Wir werden im Juli gegen zwei Mannschaften aus der Stadt Guanzhou spielen, die 18 Millionen Einwohner zählt. Beide Gegner spielen in der chinesischen Super League. R&F ist im Mittelfeld platziert, aber Evergrande ist so etwas wie das Bayern München Chinas. Für eine große Aufmerksamkeit wird also gesorgt sein.

Fährt der neue Manager Christian Heidel mit?

Jobst: Wir stimmen alles gemeinsam ab. Das geht ja gar nicht anders. Und ja: Christian Heidel fliegt selbstverständlich mit.