Gelsenkirchen.. Bastian Bielendorfer gastierte mit seinem ersten Solo-Programm am Wochenende im ausverkauften Hans-Sachs-Haus – ein Heimspiel für das „Lehrerkind“.
Hardrockgitarren dröhnen, ein Sprecher aus dem Off kündigt in bester Ringkampf-Manier den „Beckenrandschwimmer der Nation“ an, ein Kind aus dem „Florenz des Ruhrgebiets“ – Bastian Bielendorfer kommt aus Gelsenkirchen. Und distanziert sich vom Einpeitscher; diese Worte kämen nicht von ihm.
Kind mit Pflaster auf der Brille
Bielendorfer hat ein Heimspiel. Gekleidet in eine braune Hose, ein grau-gechecktes Hemd und ein bestimmt nicht multikulturell-tolerant gemeintes Kopftuch freut er sich erstmal über sein Publikum: „Die Leute in Gelsenkirchen haben Pfeffer inner Buxe.“ In Stuttgart werde er nicht einmal mit Applaus begrüßt, in Norddeutschland habe er die Zurückhaltung dann niedergewitzt, wenn die Männer nicht mehr mit verschränkten Armen da säßen. Er komme gerade vom Abendessen. Er war im Trulli und sei dort von zwei Mädchen als „Justin Bieber von Gelsenkirchen“ identifiziert worden.
Das ist lustig. Denn im Gegensatz zum als schön bezeichneten Bieber ist Bielendorfer eher hässlich. Er war das Kind mit dem Pflaster auf der Brille. Er hat ein Gesicht, das nur eine Mutter lieben kann. Als Jugendlicher schickte er seinem afrikanischen Brieffreund Makebe Fotos von sich und ein bisschen Geld. Makebe antwortete bald, er solle doch bitte auf die Fotos verzichten.
„Das Leben ist kein Pausenhof“
Looserwitz, offensiv eingesetzt. Er durchzieht sein Solo-Programm „Das Leben ist kein Pausenhof“, in dem er auf sein bisheriges Leben zurückblickt und besonderes Augenmerk auf Kindheit und Jugend legt. Es war ein schwieriges Aufwachsen, als Kind von zwei Lehrern. Ach was, zwei. Die ganze Familie bestand aus Lehrern. Zehn Stück.
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Waldörfer waren auch dabei, und die seien wirklich so, wie man vorurteilt: Sie singen ihre Namen und tanzen dazu barfuß auf dem Rasen. Abends zünden sie Duftkerzen an. Wie auch immer: Er hat sich erfolgreich gegen eine intellektuell-bildungsbürgerliche Erziehung zur Wehr gesetzt.
Bielendorfers Humor ist größtenteils robust, manchmal zum Fremdschämen. Aber er kam an. Ein Lacher jagte den nächsten. Das Publikum war ordentlich unterhalten. Auf der weiterführenden Schule (Grillo-Gymnasium) angekommen, bot natürlich der Schwimmunterricht im „Fußpilzbunker“ Zentralbad die ideale Spielwiese für Geschlechtsteil- und Fäkalgags. Zuvor hatte sein Zorn die Bundesjugendspiele (Jahn-Stadion) getroffen. Die waren für den 1x1 quadratischen Knirps eher „Attestweltmeisterschaften“. Er war halt unfähig. Kein Wunder, er hatte auch ein Poesiealbum. Als Junge!
Adoleszenz und erste Tastversuche im Erwachsenenleben füllten zwei Stunden, die den Großteil des Publikums prächtig amüsierten. Dass das Humorverständnis des 32-Jährigen nicht ausschließlich auf dem öffentlicher TV-Sender fußt, ließ er phasenweise aufblitzen.
Wie alles anfing...
Im Oktober 2010 war Bielendorfer Kandidat bei der Quizsendung „Wer wird Millionär?“, bei der er 32 000 Euro gewann und seinen Vater als Telefonjoker einsetzte. Entsetzt war jener, dass er schon bei der 8000-Euro-Frage angerufen wurde, so dass er nach der richtigen Antwort grußlos auflegte. Dem Moderator Günther Jauch erzählte Bielendorfer daraufhin, dass er ein schwieriges Leben als Kind zweier Lehrer führe und gerne ein Buch darüber schreiben wolle. Nach der Sendung meldete sich ein Verlag bei Bielendorfer, der sein Werk „Lehrerkind - Lebenslänglich Pausenhof“ im Oktober 2011 veröffentlichte. Es war das meistverkaufte Sachtaschenbuch des Jahres 2012.