Gelsenkirchen. “Das Leben des Brian“ wird Jahr für Jahr an Karfreitag zum Thema. Der Gelsenkirchener Stadtdechant Markus Pottbäcker im Gespräch über die Filmkomödie.

Am Karfreitag gedenken die Christen des Kreuzestodes Jesu Christi und feiern zu Ostern die Auferstehung des Gottessohnes. Der Kultfilm „Das Leben des Brian“ nahm sich 1979 des biblischen Themas auf satirisch-komödiantische Weise an. Der Film erzählt die Geschichte des Juden Brian Cohen, der zur Zeit Jesu fälschlicherweise für den Messias gehalten wird. Die einen vergöttern den Streifen, andere verteufeln ihn als Gotteslästerung. Redakteurin Elisabeth Höving sprach mit dem Gelsenkirchener Stadtdechanten Markus Pottbäcker über seine Sicht auf das Leben des Brian.

Wann ist Ihnen dieser Brian erstmals auf der Leinwand begegnet?

Markus Pottbäcker: Ich habe ihn das erste Mal Anfang der achtziger Jahre als Schüler im Kino in Oberhausen gesehen, wenige Jahre nach der Erstaufführung.

Haben Sie damals über den Messias wider Willen gelacht oder sich richtig geärgert?

Pottbäcker: Ich kann es offen sagen, ich war mit einem Freund da, der ihn schon gesehen hatte und wir beide haben uns totgelacht.

Als der Film in die Kinos kam, empörten sich viele Christen, aber auch Juden, über eine Verunglimpfung ihres Glaubens. Empfinden Sie diese Komödie auch als eine Form von Gotteslästerung?

Pottbäcker: Ich habe den Film nie auch nur im Ansatz als Gotteslästerung empfunden, wie in der Tat viele andere. Erstens kommt Jesus ja parallel im Film vor an verschiedenen Stellen und wird immer respektvoll dargestellt, schon zu Anfang. Zweitens zielt der Film ja überhaupt nicht darauf, eine Religion oder eine religiöse Botschaft lächerlich zu machen. Brian ist ja eigentlich ein guter Mensch und von Jesus Christus sogar sehr angetan, das wird im Film ja durchaus differenziert dargestellt. Er wird von einigen Menschen ja zum Messias gemacht wider Willen, und deren Erwartung ist, dass er sich politisch gegen die Besatzungsmacht äußert.

Religiösen Fundamentalismus und gesellschaftlichen Dogmatismus gibt es noch immer und vielerorts. Ist der Film eine gelungene Form, darauf aufmerksam zu machen, davor zu warnen?

Pottbäcker: An jedem guten deutschen Stammtisch wird man im Laufe eines fortgeschrittenen Abends fundamentalistische Dogmatiker finden. Und wenn es ein paar mehr werden, gründen sie dann eine Partei, wie wir im Moment ja erleben müssen. Auch in der Kirche, das ist mir sehr bewusst, gibt es das. Und gerade in solchen Fällen ist Satire geradezu notwendig. Echte Fundamentalisten und Fanatiker haben ja das Lachen und den Humor verloren. Und mit Humor meine ich die tief innewohnende Freude am Leben, die auf Gelassenheit beruht.

Welche Kernbotschaft vermittelt der Monty-Python-Film aus Ihrer Sicht?

Pottbäcker: Die Kernbotschaft des Films findet sich in den letzten Sätzen der zum Tode Verurteilten: Always look on the bright sight of life! - Immer die schöne Seite des Lebens im Blick halten! Das ist eine sehr schöne Botschaft. Für mich als Karnevalsfreund ganz nah am Kölschen Grundgesetz: Et hät no immer jotjejange.

Kann man tief religiös sein und den Film trotzdem toll finden?

Pottbäcker: Ganz ehrlich: Nur der wirklich tief religiöse Mensch, also der, der sich in seiner Gottesbeziehung - welcher Art auch immer - getragen und geborgen weiß, hat genau den Humor in sich, der ihn oder sie darüber lachen lässt. In dieser Grundhaltung der Gelassenheit liegt auch Leichtigkeit. Hinter der Fragestellung liegt aber etwas anderes, nämlich die Verwechslung von tiefer Religiosität mit einer Erscheinungsform von religiöser Praxis, die nur auf Außenwirkung und lebensferne Strenge zielt. Ich möchte das deutlich unterscheiden. Tiefe Religiosität ist Innerlichkeit. Insofern ist tiefe Religiosität kein Widerspruch dazu, den Film gut zu finden. Hier unterschieden sich vielleicht nur die Arten von Humor und Ästhetik.

Ist Ironie und Satire überhaupt eine Form, mit der man sich über Religion auseinandersetzen darf?

Pottbäcker: Um Himmels willen ja! Das muss Kirche in einer freien und demokratischen Gesellschaft aushalten. Letztlich kann uns dieser Blick von außen, in einer guten Form der Satire und des Humors noch verpackt, nur helfen.

Viele Fans können ganze Szenen des Films nachsprechen. Haben Sie ein Lieblingszitat?

Pottbäcker: Einige ... Der lispelnde „Schwanzus longus“, der die Liste der zu Verurteilenden, alle natürlich mit ,S’ im Namen, vorliest, lässt mich immer fast vom Sitz fallen.

Hintergrund

Dieser Kinofilm ist Kult – seit 1979 und längst auch regelmäßig auf der Mattscheibe. „Das Leben des Brian“, eine Komödie der britischen Komikergruppe Monty Python, spielt zur Zeit von Jesu Geburt. Die Satire erzählt vom naiven und unauffälligen Brian, der durch ein fatales Missverständnis und gegen seinen Willen als Messias verehrt wird. Weil er sich gegen die römischen Besatzer engagiert, findet er schließlich in einer Massenkreuzigung sein Ende.

Der Streifen, auch eine Persiflage auf historische Bibelverfilmungen, fand und findet viele Deuter. Anfangs reagierten christliche und jüdische Gläubige mit massiven Protesten, es gab Aufführungsboykotte und -verbote. Viele Filmkritiker aber kamen zum Ergebnis, dass der Film sich weder über Jesus noch über Religion lustig machen will, sondern sich vor allem religiösen Dogmatismus vorknöpft.

Am Karfreitag, einem sogenannten Stillen Feiertag, darf der Film seit 1980 allerdings nicht öffentlich im Kino gezeigt werden. Grundlage für die Zensur von Filmen wie „Das Leben des Brian“ am Karfreitag sind die Feiertagsgesetze der Bundesländer. In Bochum verstößt eine Gruppe regelmäßig öffentlichkeitswirksam gegen dieses Verbot.

Ist es richtig, dass man den Film Karfreitag nicht zeigen darf?

Pottbäcker: Der Karfreitag ist für Christen ein ganz entscheidender und wichtiger Tag. Er zählt auch zu einer Ausdrucksform unserer abendländischen Kultur. Wenn es nur darum geht zu provozieren, dann halte ich das für kulturlos. In der Regel wird aber gerade der Karfreitag dazu auserwählt. Mich schmerzt, wenn man Christen damit bewusst verletzen will. Das ist einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft nicht angemessen. Denn diese Gesellschaft lebt auch von Respekt und Achtung voreinander. Insofern finde ich es nicht gut, ihn am Karfreitag öffentlich zu zeigen. Es sind ja - in diesem Jahr sogar noch einer mehr - genug Tage dafür da. Alternativ könnte man lieber alle drei Folgen der „Nackten Kanone“ senden, ein super satirischer Film. Wobei ich dann in die Gefahr käme, statt der Ruhe, das Kino aufzusuchen.