Gelsenkirchen. . Nach dem Fund von Schweine-Teilen vor einer Moschee in Gelsenkirchen ermittelt der Staatsschutz. Stadtdirektor verurteilt Provokation aufs Schärfste.

An der Steeler Straße 82 in Gelsenkirchen-Rotthausen hat die Moschee Barbaros Yeni Camii ihren Sitz. Sie wird in der Nacht zum Samstag das Ziel einer Tat, die starke fremdenfeindliche Züge trägt. Mitglieder der Gemeinde, die das Morgengebet vorbereiten wollten, finden um 6 Uhr Schweineteile – Füße, Knochen und Ohren – im Eingangsbereich, die dort von noch unbekannten Tätern abgelegt worden sind.

Es sind nur wenige Schritte von Hausnummer 82 ins Zentrum des Stadtteils, zur Einkaufsmeile Karl-Meyer-Straße und zum Marktplatz. Der war erst im Frühjahr 2015 Versammlungsort für die Demokratische Initiative Gelsenkirchen, die sich dort mit wehrhaften Bürgern einem Aufmarsch Rechtsradikaler entgegenstellte.

Olaf Brauweiler, Pressesprecher des Gelsenkirchener Polizeipräsidiums, schließt zwar einen fremdenfeindlichen Hintergrund der Tat nicht aus (der Staatsschutz ermittelt), betont aber, dass in alle Richtungen untersucht werde. Vergleichbare Fälle habe es in Gelsenkirchen noch nicht gegeben.

Tat ist für Gemeinde große Beleidigung - Versuch der Provokation

Für Muslime, die Schweine als unrein betrachten und ihr Fleisch nicht essen, ist das Ablegen der Teile vor den Türen der Moschee eine Beleidigung. Entsprechend groß ist am Tag danach die Verärgerung in der Gemeinde. Rund ein Dutzend Männer sitzt Sonntagmittag in der Teestube der Moschee und diskutiert darüber – sachlich und unaufgeregt. „Wir werten den Angriff als Provokation. Offenbar gibt es Menschen, die Probleme mit dem Islam und Moscheen haben, aber wir wollen diesen Leuten nicht noch die Butter aufs Brot schmieren, indem wir auf diese Provokation eingehen“, sagt Ismet Bozok. Er ist Vorsitzender des Moschee-Vereins und bemüht, sich seine Enttäuschung nicht ansehen zu lassen.

Die Polizei hat ihn gefragt, ob er jemanden verdächtige, die Schweine-Reste vor die Moschee gelegt zu haben. Das tut er nicht. Im Gegenteil. Bozok betont, dass die Rotthauser Gemeinde bisher nie Probleme mit Islam- oder Ausländerfeinden gehabt habe. Man arbeite seit Jahren eng und gut in einem Arbeitskreis mit den Kirchen und Institutionen im Stadtteil zusammen. Und das werde man auch weiterhin tun.

Überwachungskameras der Moschee filmten zwei Personen

Gleichwohl hoffe die Gemeinde, dass die Täter ausfindig gemacht werden, so Bozok. Er zeigt die Aufnahmen der Überwachungskameras, die rund um die Moschee angebracht sind. Auf den Bildern sieht man zwei Personen (augenscheinlich Männer), die am Freitagabend um 23.36 Uhr die Tierteile ablegen. Gesichter sind nicht zu erkennen.

Stadtdirektor Dr. Manfred Beck, der für Integration zuständige Beigeordnete, verurteilt die Provokation am Sonntag auf das Schärfste: „Die Gemeinde an der Steeler Straße ist seit Jahren aktiv am Dialog mit den christlichen Gemeinden beteiligt. Sie ist Teil des modernen, weltoffenen und vielfältigen Gelsenkirchen.“ Marco Buschmann, Kreisvorsitzender und Bundesgeschäftsführer der Liberalen bezeichnet die Tat als „widerlich“.

Im Stadtteil selbst ist der Anschlag am Samstag nicht das Gesprächsthema Nummer eins. Die Moschee-Gemeinde reinigte die Anlage umgehend und behält ansonsten die Ruhe. Hans-Günter Iwannek, Mitglied im Rotthauser Bürgernetzwerk, kann es kaum fassen: „Wenn wir im Stadtteil Veranstaltungen planen, etwa das interkulturelle Begegnungsfest, ist die Gemeinde immer dabei.“

Hinweise an die Polizei unter der Telefonnummer 0209/365-8502 (Staatsschutz) oder - 8240 (K-Wache).

Eine widerwärtige Tat - ein Kommentar von Friedhelm Pothoff 

Widerwärtig und nicht minder feige ist die Attacke auf die DITIB-Gemeinde an der Steeler Straße. Fremdenfeindlichkeit scheint als Hintergrund wahrscheinlich, was keinen wundert in diesen Zeiten. Die Menschen, die mindestens rechtspopulistisch, wenn nicht gar rechtsradikal denken und argumentieren, haben Zulauf. Dass sich daraus irgendwann auch vor der eigenen Haustür Taten ableiten würden, wie diese in Rotthausen, von denen sich rechte Elemente Applaus von Ihresgleichen erhoffen, stand zu erwarten.

Auch das ist im Ergebnis nichts anderes als: widerwärtig! Und es ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die für die demokratischen Werte dieses Landes stehen, sie energisch verteidigen und die in Gelsenkirchen, im Ruhrgebiet oder anderswo harmonisch mit den Menschen, egal welcher Nationalität oder Religion sie auch sind, Tür an Tür leben. Der politischen Situation wirksam zu begegnen, die kulturelle Vielfalt zu fördern und zu unterstützen, das muss die Aufgabe der Demokraten sein. Auch der in Gelsenkirchen!