Gelsenkirchen. Arbeitnehmervertreter klagten vor dem Arbeitsgericht. Sie wollten über den Interessenausgleich verhandeln. Zuständig ist aber der Gesamtbetriebsrat.

Die Mitarbeiter von Vaillant kämpfen um den Erhalt ihres Standorts. 2018 soll das Werk für Heiztechnik an der Emscherstraße geschlossen werden. Jetzt zog der Betriebsrat vors Arbeitsgericht. Er wollte ein Mitbestimmungsrecht beim Interessenausgleich im Zuge der geplanten Schließung einklagen. In der ersten Runde unterlagen die Arbeitnehmervertreter. Die 5. Kammer wies den Antrag zurück. Bei einer unternehmensweiten Betriebsänderung, so die Begründung des Gerichts, könne nur der Gesamtbetriebsrat Verhandlungen über einen Interessenausgleich aufnehmen. Der sitzt jedoch in Remscheid.

Die Zurückweisung stützt sich auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in einem ähnlichen Fall. Der Betriebsrat kann über den Weg der Beschwerde versuchen, in zweiter Instanz beim Landesarbeitsgericht erfolgreich zu sein. Betriebsratsvorsitzende Yasemin Rosenau sieht die Rollen falsch verteilt. „So können Betriebsräte, die in Remscheid sitzen, mit darüber entscheiden, dass Gelsenkirchen geschlossen wird. Wir wollen sicherstellen, dass wir in Gelsenkirchen noch das Ruder in der Hand haben.“ Sanktioniert der Gesamtbetriebsrat die Schließung, sichert er gleichzeitig Arbeitsplätze am Remscheider Standort.

Alternativ-Vorschläge in Verhandlungen über den Interessenausgleich

Den Gelsenkirchener Arbeitnehmervertretern geht es vor allem darum, in Verhandlungen über den Interessenausgleich Alternativ-Vorschläge zu präsentieren, wie der Standort möglicherweise gehalten werden kann. Yasemin Rosenau befürchtet, dass Gelsenkirchen in den nächsten beiden Jahren scheibchenweise Arbeitsplätze verlieren könnte, wenn sich das Mitbestimmungsrecht des Gelsenkirchener Betriebsrats ausschließlich auf die Verhandlungen von Sozialplänen reduzierte. Die Betriebsräte wollen am geplanten Abwicklungsprozess durch den Arbeitgeber beteiligt sein. Rosenau: „Wir können nicht akzeptieren, dass ein wirtschaftlich arbeitender Standort mit sehr guter Wertschöpfung geschlossen werden soll. Auch wenn wir es hinnehmen müssen, brauchen 200 Kollegen die Gewissheit, bis zum Schluss arbeiten zu können. Und bei diesem Prozess wollen wir mitsprechen.“

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Vaillant-Personalchef Dr. Frank Steinecke sieht mit der Schließung des Gelsenkirchener Werks eine Verlagerung nach Remscheid, verbunden mit einer Integration in den Produktionsprozess. Bei der Weiterentwicklung in Remscheid würden Hallen zunächst leer geräumt, um sie gleich wieder zu füllen. Bis zu 80 Mitarbeiter seien in der Halle für die Rohrfertigung vorgesehen. Das Blockheizkraftwerk und die Wärmepumpenproduktion würden Bestandteil des Entwicklungs- und Forschungszentrums. Teile der Produktion sollen in die Slowakei ausgelagert werden. Steinecke ist überzeugt, dass der Gesamtbetriebsrat beide Standorte vertreten und die Interessen der Gelsenkirchener ausreichend wahrnehmen werde.

Rechtsvertreter des Betriebsrates zweifeln

Das aber bezweifelt der Rechtsvertreter des Gelsenkirchener Betriebsrates. Beide Standorte konkurrierten miteinander. Die Mitbestimmung würde ins Absurde getrieben, wenn der Betriebsrat eines anderen Standorts davon profitiert, wenn er das Ende in Gelsenkirchen absegnet. Yasemin Rosenau hat den Eindruck, dass „der Arbeitgeber den kritischen Betriebsrat in Gelsenkirchen aushebeln möchte“.

Die Vorsitzende Richterin Renate Schreckling-Kreuz forderte die Vaillant-Geschäftsführung nun auf, mit dem Gelsenkirchener Betriebsrat über einen Sozialplan zu verhandeln. Dem, so versicherte Personalchef Dr. Frank Steinecke vor Gericht, wolle man sich nicht verschließen.

Die Mitarbeiter in Gelsenkirchen werden indes die propagierte Unternehmensphilosophie „fit for growth“ (bereit für Wachstum) wohl eher als ausgesprochen zynisch empfinden.