. Vaillant-Beschäftigte stehen auf der Berliner Brücke in Schalke und demonstrieren gegen das 2018 geplante Aus ihres Werks in Gelsenkirchen.
Das Baustellen-Schneckentempo auf der Kurt-Schumacher-Straße bietet Freitag Zeit für Protestlektüre im Stau mit Blick auf Flaggen und Banner: „Warum Vaillant?“ steht da auf beiden Straßenseiten in Riesenlettern. Oder „Heute auf der Brücke, morgen unter der Brücke?“ Die Vaillant-Belegschaft der Frühschicht hat mit Gewerkschaftern und vielen anderen Unterstützern auf der Berliner Brücke Position bezogen, um gegen die für 2018 geplante Schließung ihres Standorts und den Verlust von nahezu 200 Arbeitsplätzen zu demonstrieren.
Trillerpfeifen begleiten den Nachmittags-Berufsverkehr. Einzelne, aufmunternde Huper schallen zurück. Es ist die nächste Demo in einem offenbar zunehmend ungleichen Kampf. Die Zeichen stehen für die Mitarbeiter weiter auf Konfrontation: Die Vaillant-Geschäftsführung in Remscheid hat tags zuvor das Scheitern der Verhandlungen verkündet. Den Schritt kann die Betriebsratsvorsitzende Yasemin Rosenau nicht nachvollziehen. „Montag hat der Wirtschaftsausschuss getagt, da sind viele Fragen offen geblieben. Aus unserer Sicht hat es noch keine Verhandlungen gegeben, zumindest nicht auf Augenhöhe“, sagt die Betriebsrätin und wundert sich, warum die Geschäftsführung sich nicht in der Lage sehe, dem Betriebsrat nötige „Daten, Fakten und Zahlen vorzulegen bei einem Projekt, dass man so lange geplant hat.“ Von dem Familienunternehmen Vaillant, jüngst ausgezeichnet mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis, ist „nicht viel übrig geblieben“, findet Rosenau. „Da haben Berater jetzt das Sagen.“
„Wir geben Ihrer Zukunft kein Zuhause“ haben sich die Betriebsrätin und viele andere als Button angeheftet – Firmenwerbung mal anders. Für Robert Sadowsky, 1. Bevollmächtigten der IG Metall, ist die Schließung des Standorts in Erle ein Unding. Das macht er auch laut per Megafon der Kolonne unbeteiligt vorbeiziehender Autofahrer deutlich: „Hier soll ein Werk geschlossen werden, das Gewinn macht. Wir haben Alternativen, die wollen wir darstellen und nicht darüber verhandeln, ob es bei Abfindungen 100 oder 200 Euro mehr gibt. Wir wollen die industriellen Arbeitsplätze erhalten, davon sind hier schon viel zu viele verloren gegangen.“
Erst bei Nokia und Opel in Bochum gearbeitet, jetzt bei Vaillant
Die Belegschaft stehe hinter dem Betriebsrat, betont ein 51-Jähriger. Derzeit, sagt er, sei das Werk in Erle zu 100 Prozent ausgelastet, „wir beschäftigen sogar zwölf Leiharbeiter, um die Aufträge abzuarbeiten.“ Wärmepumpen und Brennwerttechnik, aber auch Solarkollektoren sind die durchaus erfolgreichen Vaillant-Produkte, die in Gelsenkirchen hergestellt werden. Peter Yanik ist einer von denen, die Wärmepumpen in Erle bauen. Bei Nokia und später bei Opel in Bochum hat er gearbeitet. Beide Standorte sind Geschichte. Nun trifft es ihn bei Vaillant. Er steht auf der Brücke, hält ein großes „W“ im Protestschriftzug. „Die Aktion ist gut. Aber die Gefühle sind geteilt.“ Bei Vaillant, fürchtet nicht nur er, wird es kein gutes Ende geben.
Die Gelsenkirchener Landtagsabgeordnete und SPD-Vorsitzende Heike Gebhard ist beim Protest in Schalke. Für sie sind die Produkte, die Vaillant in Gelsenkirchen produziert, zukunftweisend. Auch deshalb habe sie „überhaupt kein Verständnis dafür, dass der Standort geschlossen wird.“
Ebenso wundert Gebhard, dass Vaillant weder auf Gesprächsangebote des NRW-Wirtschafstministers noch des Oberbürgermeisters reagiert habe. „Da werden Chancen einfach liegen gelassen. Ob der Unternehmensleitung klar ist, dass sie mit dem guten Ruf des Unternehmens spielt?“