Gelsenkirchen. Die Bellini-Oper feiert in der Regie von Elisabeth Stöppler am 5. März Premiere.
Diese Ähnlichkeit ist ungeheuerlich – und natürlich gewollt: Wer eines der riesigen Werbeplakate des Musiktheaters im Revier sieht, mit denen das Opernhaus zurzeit für seine „Norma“-Produktion trommelt, der blickt der unsterblichen Diva Maria Callas scheinbar direkt ins Gesicht. Gleiche Pose, gleiche Aufmachung, gleiche Ausstrahlung. Die „Primadonna Assoluta“ war die Verkörperung der „Norma“ schlechthin. In Gelsenkirchen tritt die armenische Sopranistin Hrachuhi Bassénz dieses Erbe am 5. März an, wenn die Belcanto-Oper von Vincento Bellini (1801-1835) Premiere feiert.
Die Frage nach der großen Bürde, die man der Sängerin in der Pose der Callas auf die Schultern lädt, beantwortet Regisseurin Elisabeth Stöppler so: „Wir spielen mit der Erwartungshaltung des Publikums.“ Man dokumentiere mit dem Foto aber auch, dass auch die Gelsenkirchener Norma diesen Moment der großen, der göttlichen Aura besitze: „Die Callas hat ja etwas Ikonografisches und genau das ist auch Normas Problem. Auch ihr hat man viel auf die Schultern gelegt.“
Karriere am Musiktheater im Revier begonnen
Wie sehr Hrachuhi Bassénz jenseits jeden Vergleichs mit ihrem warmen, dramatischen Sopran die Rolle der Priesterin Norma ausfüllen wird, lässt ein Probenbesuch erahnen. Die Sängerin, seit 2008 Ensemblemitglied des Staatstheaters Nürnberg, begann ihre Karriere am Musiktheater im Revier, wo sie 2006 bis 2008 zum Ensemble gehörte.
Diese „Norma“ ist für Regisseurin Elisabeth Stöppler, die in Gelsenkirchen zuletzt „Rusalka“ und „Don Quichotte“ auf die Bühne brachte, im ersten Akt vor allem ein klassisches Eifersuchtsdrama und im zweiten Teil eine „Göttinnendämmerung“. Die Oper, angesiedelt im ersten Jahrhundert vor Christus, erzählt vom Kampf der Kulturen und Religionen und ist damit, so die Theatermacherin, aktuell wie eh und je. Norma, jungfräuliches Orakel der Gallier, führt ein Doppelleben als Geliebte des Feindes und als Mutter. Sie gerät in einen Strudel aus Leidenschaft, Rache und Krieg.
Elisabeth Stöppler reizt die Norma als „eine Art Erlöserfigur, an der sich alles orientiert“. Ihr Glanz verblasst, als plötzlich nur noch Gewalt und Gegengewalt herrschen und Norma spürt: „Ich muss als religiöse Instanz abtreten und mich opfern.“ Stöppler hält die Oper gerade darum für so brisant aktuell, „weil sie religiösen Kult infrage stellt“.
Wie sehr die Religion in dieser Oper gegen die Wand fährt, das spiegelt sich auch im Bühnenbild von Hermann Feuchter wider: „Ein metallischer Raum zeigt den strengen Altarraum einer Priesterin.“ Während die Religion aber nach und nach Risse bekommt, geht auch der Raum zu Bruch. Abstrakte Videoprojektionen fungieren als eine Art Seismograph der innereren Befindlichkeiten. Am Ende bleibt fast nur noch eine Müllhalde aus umgestoßenem und zerstörten Mobiliar.
Paradebeispiel des Belcanto
Die Bühne zeitlos, die Kostüme von Nicole Pleuler reduziert, die Musik aber, Paradebeispiel des italienischen Belcanto, äußerst opulent, interpretiert von der Neuen Philharmonie Westfalen unter der Leitung von Valtteri Rauhalammi. Gespielt wird erstmals auf einer deutschen Theaterbühne überhaupt die Kritische Neuedition nach Quellen von Mauricio Biondi und Riccardo Minasi. Szenisch gab es diese Version mit neuen Strophen und Kadenzen lediglich bei den Salzburger Festspielen. Der Dirigent verspricht: „Wir werden Gesang zelebrieren.“
„Norma“ von Vicenzo Bellini wird in der Regie von Elisabeth Stöppler am 5. März, 19.30 Uhr, Premiere feiern. Dabei handelt es sich um eine Koproduktion mit dem Staatstheater Mainz.
Alfia Kamalova wird die Adalgisa singen, Hongjae Lim ist Pollione, Dong-Won Seo der Oroveso, Lars-Oliver Rühl gibt Flavius. Es gibt insgesamt bis 26. Mai neun Vorstellungen. Karten und Info: 0209 4097-200.