Gelsenkirchen. . Bei einer Razzia in einer Gelsenkirchener Flüchtlingsunterkunft kam es zu drei Festnahmen. Gegen einen Mann lag ein Haftbefehl vor.

Der Themenkomplex grundsätzlich ist nicht neu, nun aber hat er auch Gelsenkirchen erreicht: Die Stadt kontrollierte am Donnerstag ab sechs Uhr morgens die Identitäten von 123 Flüchtlingen, die in der Sporthalle an der Wildenbruchstraße in Bulmke-Hüllen untergebracht sind. Nach Abschluss der Maßnahmen konnte die Polizei nach Informationen dieser Zeitung einen Haftbefehl gegen einen Mann vollstrecken, der in Untersuchungshaft überführt wurde. Außerdem blieb die Identität von drei weiteren Personen völlig ungeklärt; das Trio selbst weigerte sich dem Vernehmen nach strikt, etwas zur Klärung beizutragen.

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„Dass wir die Kontrolle in der Gemeinschaftsunterkunft an der Wildenbruchstraße begonnen haben, ist für uns naheliegend. Wir wollen die Sporthalle bekanntlich bald freiziehen und die Menschen an anderen Stellen unterbringen. Etwa in Schaffrath in der neuen Traglufthalle oder auch in Wohnungen im Stadtgebiet“, erläuterte Stadtsprecher Martin Schulmann auf Nachfrage.

Den Anwohnern der Wildenbruchstraße und Passanten bot sich am Donnerstag ein skurril anmutendes Einsatzbild. Denn neben rund 20 städtischen Mitarbeitern aus den Bereichen der Stabsstelle Flüchtlinge, Kommunaler Ordnungsdienst und Ausländerbehörde sowie fünf extra verpflichteten Dolmetschern unterstützte auch eine komplette Hundertschaft der Polizei Gelsenkirchen die Durchführung der Maßnahme.

Weitere Kontrollen folgen

„Vor dem Hintergrund von Hinweisen auf die Verwendung mehrfacher Identitäten und illegaler Aufenthalte in großen Flüchtlingsunterkünften haben wir uns dazu entschlossen, diese Überprüfung in ausgewählten Gelsenkirchener Gemeinschaftsunterkünften durchzuführen“, erklärte Schulmann die grundsätzliche Motivlage. Heißt: Die Wildenbruchstraße ist der Anfang einer Reihe von Kontrollen.

Die Zielsetzung, die die Verwaltung verfolgt, ist diese: Die „Razzien“ sollen dazu beitragen, die Funktionsfähigkeit der Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge und Asylbewerber zu gewährleisten. Kriminellen Personen oder Menschen, die sich hier illegal aufhalten, sollen identifiziert werden.

Von der Sporthalle wurden die Flüchtlinge am Donnerstag in die nur wenige Meter entfernt gelegene Polizeiinspektion Süd geleitet, das wurde, wie Anrufe zeigten, von Anwohnern durchaus als das „Abführen von Personen“ interpretiert.

Überprüfungen in der Inspektion Süd

Schulmann dazu: „Die Menschen sind natürlich nicht abgeführt worden. Wir haben sie dorthin begleitet. Wir können sie ja nicht aus der Unterkunft holen und sie dann einfach auf den Weg schicken. Außerdem war es auch eine Frage der Absicherung, dass alle den Weg in die Polizeiinspektion Süd fanden.“

Die als Standort für die Überprüfung auszuwählen, machte nicht nur aus Gründen der Nähe viel Sinn. In der Wache an der Wildenbruchstraße stand der Stadt Gelsenkirchen vor allem die notwendige Infrastruktur zur Verfügung, um die Identitäten überhaupt umfassend überprüfen zu können. Dies geschah nach Schilderung des Stadtsprechers in erster Linie über die Kontrolle der Papiere, die die Flüchtlinge besitzen. Das wurde im Zweifelsfall aber auch durch die Überprüfung von Fingerabdrücken erreicht.

Im Mittelpunkt der Razzia standen dabei mögliche Verstöße gegen das Melde- und Ausländerrecht (die Verwendung mehrfacher Identitäten, illegaler Aufenthalt), sowie mögliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit etwa durch Verstöße gegen das Alkoholverbot mit daraus resultierenden Konflikten und Übergriffen sowie der Besitz von Waffen oder waffenähnlichen Gegenständen.

Kommentar: Gelsenkirchen macht ernst 

Die Situation hat sich seit Silvester, seit den Ereignissen in Köln, erheblich verändert. Geht es um die Aufnahme und Betreuung von Flüchtlingen in den Städten, droht die Stimmung zu kippen. Kriminelle Aktivitäten einzelner Personen sind die Ursache für ein anwachsendes Gefühl des Unwohlseins und der Unsicherheit. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die absolut überwiegende Zahl der Menschen, die aus Kriegsgebieten nach Deutschland kommen, sich unauffällig verhält und einfach nur dankbar ist für die wunderbare Willkommenkultur, die auch in Gelsenkirchen ausgeprägt vorhanden ist.

Trotzdem passt die Razzia ins Bild, die die Stadt jetzt mit der Unterstützung der Polizei durchführte. Sie passt, weil auf diese Weise dokumentiert wird, dass niemand Kriminalität oder den illegalen Aufenthalt toleriert und das eine Handlungsfähigkeit besteht, die sich die Menschen wünschen. Die Kontrolle der Identitäten ist ein wichtiger Schritt, auch um Versäumtes nachzuholen und all jenen den Wind aus den Segeln zu nehmen, die mit der Unsicherheitslage der Menschen gezielt spielen und sie für sich benutzen (wollen).

Dazu passt auch dies: Die Einführung von besonders beschleunigten Gerichtsverfahren in Gelsenkirchen seit Anfang Februar. Überführte Straftäter werden so tagesaktuell verurteilt. Das ist ein gemeinsamer Vorstoß der Polizei mit der Staatsanwaltschaft und dem Amtsgericht.

Gelsenkirchen macht ernst!