Gelsenkirchen. Puppenspiel für Erwachsene mit dem Theater auf der Zitadelle.
„Sag mal, geht’s noch?“, fragen sich die tierischen Insassen des Altersheims „Zum Sonnenschein“ fast täglich. Sie haben die Nase gründlich voll vom mies geklauten, diebischen Pflegepersonal. Frau Kuh und Herr Wolf, Frau Katze und Herr Spatz träumen stattdessen von einem Ausflug nach Berlin. Vor nunmehr zwei Jahren machte sich die struppige Seniorentruppe als „Berliner Stadtmusikanten“ mutig auf die Socken und scheiterte am Ende kläglich. Wie das Leben danach weiterging im verrückten Seniorenheim, das erfuhr das Publikum am Donnerstagabend im restlos ausverkauften Consol Theater.
„Sag mal, geht’s noch!“
Nach dem Mega-Erfolg des „Theaters auf der Zitadelle“ mit der Märchen Produktion „Die Berliner Stadtmusikanten“ bei der 3. Figurentheaterwoche Gelsenkirchen vor zwei Jahren holten die Macher die Spieler jetzt noch einmal zurück zum Festival. Ein echter Glücksfall. Denn begeisterte bereits die erste Produktion die Menschen mit ihren bittersüßen Geschichten, ihren charmanten Figuren, den beiden ausgezeichneten Puppenspielern Regina Wagner und Daniel Wagner und einem herrlich kalauernden Humor, so stand die Fortsetzung in Form einer hübschen Gaunerkomödie dem in nichts nach.
Auch wenn der zweite Teil weniger tragikomisch und weniger melancholisch, dafür umso witziger ausfiel. Auch diesmal gab’s jede Menge Gemeinheiten im Seniorenheim, einen spektakulären Jahrhundertraub und die Suche nach dem verschwundenen blauen Diamanten. Das Spiel dreht sich um Freundschaften und um gepflegte Feindschaften, um Treue und um Einsamkeit, um Altersgebrechen und ungebremste Hoffnungen.
Hochkarätiges Figurentheater für Erwachsene
Virtuos führen die beiden Puppenspieler, die als Schauspieler die Pfleger geben, ausdrucksstark die herrlichen Handpuppen, lassen sie tanzen und fluchen, jammern und juxen. Ob naive Kuh im Tutu oder schlauer Fuchs mit dicker Zigarre, ob zarter Spatz oder altersverwirrte Katze, allesamt geben sie ein pralles, skurriles Typenkabinett mit starken Charakteren und starken Stimmen ab – sehr frei nach den Bremer Stadtmusikanten.
Und wenn das Rindvieh immer wieder ein paar „Kuhlauer“ serviert, insgeheim vom Tanz auf dem Berliner Kudamm träumt, wenn sich zwei dusselige Schafe die herrlichsten Witze erzählen, und der Wolf die Katze aus dem Sack lässt, dann brüllt auch das Publikum mit.
Einmal mehr ein hochkarätiges Figurentheater, das sich nicht an Kinder, sondern an Erwachsene richtet. Altenheim die Dritte in zwei Jahren? „Das wollt Ihr doch nicht wirklich?“, fragt am Ende die Kuh in den Beifall hinein. Doch, bitte!
Die vierte Figurentheaterwoche Gelsenkirchen endet am Sonntag, 31. Januar, mit einer Kindervorstellung im Consol Theater.
Figurentheater gibt schon seit nunmehr 40 Jahren in der Stadt, zunächst im Revierpark Nienhausen unter dem Titel „Tage des deutschen Puppenspiels“. Seit 2010 veranstaltet das Städtische Kulturreferat das Angebot, das sich sowohl an Kinder als auch an Erwachsene richtet.
Am heutigen Samstag ist mit dem „Garten der Lüste“ die letzte Abendveranstaltung zu sehen. Allerdings: Sie ist ausverkauft.