Gelsenkirchen. Der Inner Wheel Club Gelsenkirchen servierte im Gemeindehaus St. Augustinus Gänsebraten.

Erika und Thomas begrüßen die freundlichen Servicekräfte und freuen sich über die bunte Blumendekoration auf den Tischen. Vor allem aber genießen sie den exzellenten Gänsebraten. Der steht schließlich ganz selten auf ihrem Speisefahrplan. Der Inner Wheel Club Gelsenkirchen hatte zahlreiche Wohnungslose in das St. Augustinus-Haus eingeladen. „Wir wollen zeigen, dass die Menschen, denen es weniger gut geht als uns, nicht vergessen sind“, sagt Dörte Heib, Präsidentin des Clubs. In gemeinsamer Runde wolle man ins Gespräch kommen.

Erste Kontakte hatte Dörte Heib geknüpft, als sie mit Sozialarbeiterinnen unterwegs war und Menschen kennenlernte, deren Lebensweg von Schicksalsschlägen begleitet war, die sie schließlich abstürzen ließen.

Im Saal füllen sich nach und nach die Plätze. Schließlich sind es über 100 Gäste, deren Alltag in der Regel weniger organisiert verläuft. Norbert Labatzki, der am 13. März wieder die Spendengala im Hans-Sachs-Haus organisiert, mischt sich zwischen die Reihen. Mundharmonika im Mund und Gitarre zur Hand unterhält er die Gemeinschaft mit nachdenklichen Texten.

Eine Handvoll übernachtet draußen

Inner-Wheel-Mitglieder, Helferinnen der Organisation „Warm durch die Nacht“ sind unentwegt unterwegs. Nachschub ist gefragt, unter Appetitmangel scheint keiner der Besucher zu leiden. Einige sitzen in dicke Mäntel eingepackt, andere lassen sich Gans und Nachtisch auch mit Kopfbedeckung schmecken. Das Misstrauen, das in manchen Übernachtungseinrichtungen herrscht, scheint sie nicht loszulassen.

Die meisten erleben Gemeinsamkeit beim Frühstück oder Mittagessen im Wilhelm-Sternemann-, im Weißen Haus der Caritas oder bei der Kirchengemeinde Auf dem Schollbruch in Horst.

Caritas-Sozialarbeiter Henryk Münzer, glaubt, dass die meisten Obdachlosen die Möglichkeit in den Häusern nutzen und dort auch ihre Meldeadresse für die Gewährung von Hartz IV registriert ist. Und dennoch gebe es einige, die aus ihrem Begriff der Freiheit auch die soziale Unabhängigkeit definieren und keine Leistungen beantragen. Nur eine Handvoll, so vermutet er, übernachte draußen: wind- und regengeschützt.

Kontakt zu rund 180 Obdachlosen

Streetworkerin Jennifer Wnuk vom Gemeinschaftsprojekt Caritas/Arztmobil spricht von einer guten Versorgungslage. Niemand müsse im Freien übernachten. Gemeinsam mit zwei weiteren Sozialarbeiterinnen besucht die 30-Jährige täglich die Szene-Treffpunkte, hört sich die Probleme der Obdachlosen an, begleitet sie zum Jobcenter oder vermittelt sie in Einrichtungen.

Jennifer Wnuk sagt: „Wir akzeptieren deren Situation, bauen ein Vertrauensverhältnis auf, empfehlen, Suchtberatungen anzunehmen. Kontakt haben wir zu etwa 180 Obdachlosen.“