Gelsenkirchen. . Marc L. Vogler präsentierte seine Oper „Streichkonzert – con brio ohne Kohle“. MiR-Publikum in Gelsenkirchen reagierte euphorisch.
Oper kann auch anders. Die Gäste im Kleinen Haus des Musiktheaters erlebten eine virtuose Reise durch die Musikepochen, einen musikalischen Rollentausch zwischen lyrischen Wohlklängen, schrillen Tonpassagen und aufrüttelnden Samba-Rhythmen. Da geraten Rock und Barock schon mal aneinander. Marc. L. Vogler, der erst 17-jährige Schüler am Max-Planck-Gymnasium, präsentierte seine Oper „Streichkonzert – con brio ohne Kohle“.
Die Technik beim Bühnenbild könnte durchaus Inspiration für größere Produktionen sein. Ein Beamer wirft den Zuschauerraum vom Musiktheater an die Wand, bietet den Besuchern eine umgekehrte Theaterwelt. Die einsam auf der Bühne präsente Geigerin stimmt sich mit Paganini ein. Nach und nach vergrößert sich das Orchester, bis auch der Mann an der Tuba, der schließlich schwer an seinem Instrument zu tragen hat, verspätet eintrifft. Eine gewollte Provokation wie auch die 20 leeren Stühle auf der Bühne. So könnte Kultur in 20 Jahren aussehen, malte Marc Vogler ein düsteres Bild über die Zukunft von Orchestermusik und Theater. Dem Hintergrund seiner Oper liegt der drohende Kollaps klassischer Orchester zugrunde. Mit elegischen Klängen begleitet das Orchester den frustrierten 2. Geiger Dimitri, der seine Zukunft schwinden sieht. Schreienden Alarmsignalen gleich unterstreicht die Klarinette das drohende Aus.
Rap statt Rhapsodie
Rap statt Rhapsodie lautet die Philosophie des 1. Geigers. Nach jedem szenischen Bühnenspektakel erläutert Vogler seine Komposition, die Musik karikierend durch die Epochen reisen zu lassen. Mitunter wirken seine Deutungen etwas zu akademisch. Mit überfallartiger Intonation und rhythmischen Variationen charakterisieren die Instrumente die Figuren in dem Stück. Ein Fanfarentusch kündigt den Bürgermeister an, dessen kulturelle Ignoranz die Existenz des Orchesters bedroht. Die scheinbar unbedeutende Pförtnerin, die sich unbeachtet fühlt, entpuppt sich als talentierte Sängerin. In erstaunlichen Höhen bewegt sich Ramona Kunze sicher mit ihren trotzig fragmentierten Koloraturen. Ihr Klagelied über die vergessene Kultur begleitet sie mit kreativen Tanzeinlagen.
Beim Familienterzett spiegelt sich zwischen dem enttäuschten Dimitri (Nikolai Miassojedow), Ehefrau Sophie (Sabine Detmer) und Sohn Sam (Robin Grunwald) als ambitioniertem Musikstudenten das Drama um Resignation, Verzweiflung und Zuversicht wider. Geigen und Celli geben der streitenden, aber gesanglich bestens disponierten Familie den elegischen Rahmen. Ein angekündigter Musikerstreik und die Liebe zwischen Sam und der Tochter des Bürgermeisters (überzeugend Milena Golunska-Wojak und Robin Grunwald) besiegen schließlich die Engstirnigkeit des 1. Bürgers der Stadt. Das Orchester ist gerettet. Die begeisterten Besucher feiern das Stück, die Interpreten und den Komponisten mit stehenden Ovationen. Mit Bravour hat Marc L. Vogler sein Erstlingswerk vorgestellt. Man darf gespannt sein auf die nächste Komposition.