Gelsenkirchen. Nicht nur Lebensmittel landen massenhaft im Müll, auch Kleidung. Dagegen setzten die Organisatorinnen des Textil-Tausch-Marktes ein Zeichen.

Nicht nur Lebensmittel landen massenhaft im Müll, auch Kleidung. Weil sie spottbillig ist oder Lust und Langeweile zu einem Kauf verleiten, der bereut wird. Gegen die Wegwerf-Mentalität setzten die Organisatorinnen des Textil-Tausch-Marktes im Awo Begegnungszentrum ein Zeichen und trafen einen Nerv.

Binnen einer Stunde fanden am Samstag die angebotenen Pullover und Jacken, Schals und Röcke aus zweiter Hand mehrheitlich neue Wertschätzung durch andere Besitzer. Daran verdient niemand Geld. Tauschen heißt tauschen. Maximal zehn Kleidungstücke können mitgebracht werden. Dafür gibt es 10 Chips, die man gegen andere Kleidungsstücke eintauscht.

„Es war eine Stimmung wie: Wir warten aufs Christkind“, freute sich Martina Leßmann. Die Leiterin der Frauenbildung in der Awo und ihre Kollegin Melanie Weckmann schwelgten in positiver Erfahrung: Bereits um 10 Uhr standen Interessierte mit ihren Taschen voller Klamotten vor der Tür, warteten auf den Einlass. Pünktlich um 11 Uhr startete der offene Tausch, schon um 12 Uhr war das meiste weg.

„Erfunden haben wir ihn nicht“

Die langen Tische voller Textilien, Kleiderständer mit Mänteln, Blazern und Blusen boten ein fröhliches Bild inmitten des großen, weihnachtlich geschmückten Saales. Martina Leßmann (52): „Da kam schon einiges zusammen. Es waren genau 37 Teilnehmer, die sich vorab telefonisch angemeldet hatten. Sie brachten im Schnitt jeder zwei Tüten voller Kleidung mit.“

Wer nutzt so einen Textil-Tausch-Markt? „Erfunden haben wir ihn nicht“, erklärte Leßmann, „es gibt sie schon länger, etwa in Berlin.“ Die Idee dazu entstand 2014, als ihre Kollegin Nadine Urlacher in einem Awo-Jugendprojekt der Frage nach der Herkunft von Kleidung nachgegangen war. Wo kommt sie her, was enthält Kleidung an krankmachenden Substanzen, wie wird sie produziert? Martina Leßmann: „Es geht uns darum, ein verändertes Bewusstsein zu schaffen. Auch ich habe schon unüberlegt Kleidung gekauft und mich später gefragt, war ich da geistig umnachtet?“

Richtig schicke Sachen nett präsentiert

Wer Nachhaltigkeit unterstützt und lebt und dabei den Spaßfaktor genießt, war am Samstag im Awo Begegnungszentrum genau richtig. Ob ältere Dame mit Rollator, junge Frauen oder Paare, es bot sich ein Querschnitt durch die Bevölkerung. Bedürftige Menschen nutzten die Gelegenheit aber nicht. Für sie ist das Angebot in der Awo Fundgrube nicht nur größer, sondern auch diskreter.

Es waren richtig schicke Sachen darunter, nett präsentiert. Es gab viele Spiegel, in denen sich die Tauschenden bewunderten und es roch köstlich nach frischem Kaffee. Alles in allem hatte der Tausch-Markt etwas von normalem Shopping: „Die Männer hielten sich im Hintergrund, die Frauen haben gestöbert“, sagte Martina Leßmann und lachte.