Gelsenkirchen. Obwohl sie nur wenige Minuten von der Schule weg wohnen, fahren viele Eltern ihre Kindermit dem Auto zur Schule. Das sorgt für Chaos und ist gefährlich.

Es ist 7.45 Uhr. Vor der Sternschule, der Gemeinschaftsgrundschule an der Franz-Bielefeld-Straße, spielt sich das allmorgendliche Verkehrschaos ab. Manche Autos bleiben mitten auf der Fahrbahn stehen, andere rangieren auf dem Bürgersteig – stoßen rückwärts auf die Straße, ignorieren das Tempo-30-Schild und brausen davon.

Das Phänomen „Eltern-Taxis“ bereitet nicht nur Schulleiterin Sabine Wild Sorgen. Eltern und Großeltern stehen auf dem Bürgersteig vor der Schule und schütteln den Kopf. „Es ist so gefährlich, die Kinder flitzen zwischen den Autos hindurch. Die Kinder, die zu Fuß zur Schule kommen, trauen sich oft gar nicht über die Straße“, sagt Christian Mühlenbrock verärgert. „Ich helfe oft Kindern, die ganz verzweifelt sind, sicher über die Straße zu kommen.“

Eltern werden selbst zur Gefahr

Wie dem Großvater einer Schülerin geht es vielen Eltern. Sie versuchen mit den Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen, obwohl sie direkt um die Ecke wohnen, ins Gespräch zu kommen – stoßen dort aber meist auf taube Ohren oder auf sehr wenig Einsicht. Eltern, die sich für die Sicherheit der Schulkinder einsetzen würden auch noch regelmäßig beschimpft. „Das Phänomen ist nichts Neues, das gibt es schon seit ich hier an der Schule bin, also mindestens seit 23 Jahren“, sagt Schulleiterin Sabine Wild. „Es ist ein Teufelskreis, denn immer mehr Eltern bringen ihr Kind mit dem Auto, weil sie den Schulweg als zu gefährlich sehen.“

Und werden dadurch selbst zur Gefahr für andere Kinder. Viele Elterngespräche hat Sabine Wild geführt, auch im Unterricht ist es immer wieder Thema. Alternative Elternparkplätze wurden angeboten, aber nicht angenommen – zu weit wären die 50 Meter, die der Schützling dann noch laufen müsste. „Wir haben auch schon das Projekt ,Walking Bus’ ausprobiert, aber auch das hat nicht funktioniert“, so Wild.

Dieser „Bus“ fährt nicht auf vier Rädern, es ist ein menschlicher Bus. Ein Bus in dem Kinder, in Begleitung von Erwachsenen, den Schulweg zu Fuß bestreiten. Ein Bus mit real existierenden Haltestellen, festen Routen und Fahrzeiten, den Kindern als „Passagieren“ und den begleitenden Erwachsenen als „Busfahrer“.

Kinder werden kaum gesehen

Das Thema „Eltern-Taxi“ beschäftigt auch die Gelsenkirchener Verkehrswacht. „Meist sind die Eltern das Problem und nicht die Kinder“, sagt Helmut Barek, Vorsitzender der Verkehrswacht. „Jetzt, zur dunklen Jahreszeit, ist es besonders gefährlich, die Kinder werden kaum gesehen.“ Und das, obwohl eigentlich jedes Grundschulkind vom ADAC eine gelbe Warnweste geschenkt bekommen hat, damit es besser gesehen wird. Doch die hängen oft zuhause an der Garderobe.

Sabine Wild wirkt fast schon ein bisschen resigniert. „Eigentlich können wir das Problem nur in den Griff bekommen, wenn hier keine Autos mehr halten und das auch täglich kontrolliert würde“, so Wild. „Aber so viel Personal hat die Polizei ja gar nicht.“ Daher steht Wild selbst jeden Morgen vor der Schule und versucht die Eltern zur Vernunft zu bringen.