Gelsenkirchen. Ein pensionierter Polizeibeamter (64) aus Gelsenkirchen muss für sieben Jahre ins Gefängnis, weil er versucht hat, seine gleichaltrige Frau zu ermorden.

Ein pensionierter Polizeibeamter (64) aus Gelsenkirchen muss für sieben Jahre ins Gefängnis, weil er versucht hat, seine gleichaltrige Frau zu ermorden. So entschied gestern das Essener Schwurgericht. Am Morgen des 2. April hatte er der vollkommen arglosen Frau im Flur der gemeinsamen Wohnung seinen roten Seidenschal von hinten um den Hals gelegt und sie gedrosselt, bis er glaubte, sie sei tot. Dann nahm er den Schal und verließ die Wohnung. Nachbarn retteten die Frau, die nur mit sehr viel Glück überlebte.

Motiv bleibt ungeklärt

Warum er diese „schwerwiegende Fehlentscheidung“ traf, wie der Vorsitzende Richter Andreas Labentz die Tat bezeichnet? Was war sein Motiv? Diese Frage konnte der Prozess nicht klären. Alle Beteiligten waren sich einig: „Es ist eine Tragödie.“

Ein stiller Mann, der schwer Gefühle zeigen kann oder will. Aber in seinem letzten Wort fließen die Tränen. Er richtet sie an seine Frau, die es aus psychischen und körperlichen Gründen nicht schafft, während des Prozesses dabei zu sein. „Es tut mir unendlich leid“, sagt er, „vielleicht kann sie mir irgendwann verzeihen.“ Die Scheidung läuft. „Es gibt keinen Weg zurück für sie“, weiß ihr Anwalt Jan Czopka.

„Ein seriöses Ehepaar“, so sah das Umfeld die beiden. 37 Jahre Ehe verbindet das Paar. Nach der Pensionierung des Polizisten im Jahr 2012, teilte man sich die Hausarbeit auf, genoss gemeinsame Reisen. Der einzige Streitpunkt seit 30 Jahren, so der Angeklagte: „Meine Raucherei“. Er war für Einkäufe zuständig und für finanziellen Angelegenheiten. Weil er nicht auf die Nachrichten des Besoldungsamtes in Bezug auf seine Krankenversicherung reagierte, überwies das Amt Anfang 2015 drei Monate lang keine Pension, rechtswidrig wie er im Prozess erfuhr. Das Konto geriet darauf ins Minus, die Bankkarte wurde einbehalten. Nichts ging mehr. „Irgendwann verpasst man den Zeitpunkt“, so der Angeklagte. Am 1. April erzählt er der bis dahin ahnungslosen Ehefrau die halbe Wahrheit. Er schämte sich, erklärt er.

Sachverständige konnte nicht weiterhelfen

„Man versteht ja noch, in welche Situation sie hineingerutscht sind“, sagt Richter Labentz. Aber ein Grund seine Frau zu töten? „Das bleibt ungelöst.“ Auch der Sachverständige Professor Norbert Leygraf konnte da nicht weiterhelfen. Die Untersuchung ergab keinerlei krankhafte Befunde, weder hirnorganisch noch psychisch.

Sechseinhalb Jahre Haft beantragt Staatsanwältin Elke Hinterberg. Verteidiger Stefan Kixmöller nennt keine Zahl, erinnert an das umfassende Geständnis seines Mandanten, der sich nicht schonte. „Hier bin ich. Ich habe Mist gebaut“, mit diesen Worten stellte sich der ehemalige Polizist in der Nacht nach der Tat auf einer Wache.