Gelsenkirchen. . Der Maler Jo Scholar hat sein Atelier 90 Tage lang von der Kunststation Rheinelbe in die Bleckkirche verlegt. Ab Donnerstag gewährt er Einblicke

Ein verborgener, historischer Schatz, ein renommierter Gelsenkirchener Maler und ein „Atelier auf Zeit“: In der Bleckkirche direkt neben der Zoom-Erlebniswelt in Bismarck ist in den vergangenen 90 Tagen ein ungewöhnliches Projekt verwirklicht worden.

Jo Scholar hat sein Kunstatelier „Alte Schmiede“ auf dem Gelände der früheren Zeche Rheinelbe mit dem Altarraum der „Kirche der Kulturen“ getauscht. 90 Tage lang arbeitete er hier vor Ort. Im Mittelpunkt seines Schaffens stand die kreative Begegnung mit einem der ältesten Kulturschätze Gelsenkirchens, dem Grimberger Altar.

Relief zeigt das letzte Abendmahl

Die Geschichte des Altars ist dabei ebenso bewegt wie ihr Motiv, das einst von einem unbekannten niederländischen Bildhauer in Stuck gearbeitet wurde: 1574 entstand der Renaissance-Altar, geschaffen für die Kapelle des Grimberger Schlosses, das hier einst unweit stand.

1738 zog der Altar, gestiftet von dem Ritter und lutherischen Adligen Heinrich von Knipping und seiner Frau Isabella von Nesselrode, in die damals neu erbaute Bleckkirche an der heutigen Bleckstraße 26 um. Das Relief des Hochaltars zeigt das letzte Abendmahl Christi mit vielen kleinen, aber sehr bedeutenden Details. Und mit genau diesen Feinheiten hat sich Scholar in den vergangenen 90 Tagen intensiv beschäftigt. „Mir ist es wichtig, dass ich hier nicht als Person im Mittelpunkt stehe, sondern die Begegnung mit diesem Werk“, erklärt er.

Sehr lange habe er etwa mit dem Gedanken gehadert, eine biblische Szene zu malen. „Schließlich gibt es das Gebot ‘Du sollst Dir kein Bild machen’“, sagt Scholar. So kam er erst auf künstlerischen Umwegen beim Zeichnen („nicht malen!“) der Figuren an. „Zunächst habe ich eine kleine Installation und einen großen Stift erarbeitet“, verweist er auf seinen Schaffensprozess.

Blick wird gezielt auf Einzelheiten gelenkt

Schließlich besann sich Scholar auf eine uralte Zeichenmethode, die in der Renaissance sehr gebräuchlich war: „Diese Bilder habe ich gerötelt“, erklärt er und zeigt auf Zeichnungen, die er zu Papier gebracht hat und nun auf Holzlatten über den Kirchenbänken präsentiert. Auf den Blättern erscheinen Gesichter, Hände, Füße oder auch das kleine Ungeheuer, das dem Judas im Relief auf der Schulter sitzt und „das Böse“ symbolisiert.

Scholar lenkt den Blick des Betrachters gezielt auf solche Eigenheiten des Altars. Bisher ist seine Begegnung mit dem Relief eine Akkumulation von Skizzen. „Hier geht es auch nicht um ein fertiges Ergebnis, sondern darum, den derzeitigen Stand zu zeigen“, betont er. Offiziell endet das Projekt am 15. Oktober, doch der Maler verrät, dass es noch Nacharbeiten geben wird.

„Die Idee zu diesem Projekt hatten wir schon vor Jahren“, erinnert sich Pfarrer Thomas Schöps. „Da es sehr gut zum Thema des Reformationsdekadejahres 2015, ‘Bild und Bibel’ passt, war jetzt genau der richtige Zeitpunkt, um es zu realisieren.“

Übrigens soll der Grimberger Altar als Kunstschatz auch 2017 eine herausgehobene Rolle spielen, wenn auf 500 Jahre Reformation zurück geblickt wird, da er laut Thomas Schöps „protestantische Geschichte unserer Stadt direkt erlebbar macht.“

Am Donnerstag, 15. Oktober, gewährt Jo Scholar ab 19 Uhr einen Einblick in „90 Tage Arbeit – 90 Minuten Ausstellung“. Hier wird in der Bleckkirche „Art in Progress“ zu erleben sein.

Begleitet wird die Ausstellung mit einer Szenischen Lesung von Margot Müller und einer Diashow von Frank M. Helferich. Die Einleitung gestaltet Pfarrer Thomas Schöps. www.bleckkirche.info