Gelsenkirchen. Der Startschuss zum Endspurt auf einen Ausbildungsplatz ist längst gefallen. Dennoch können junge Leute auch im Oktober noch erfolgreich einsteigen.

Der Startschuss zum Endspurt auf einen Ausbildungsplatz ist längst gefallen. Viele Jugendliche büffeln ihren Stoff in der Berufsschule. Und dennoch können junge Leute auch im Oktober noch erfolgreich einsteigen. Handwerk, Handel und Industrie bieten im Wettbewerb um einen Lehrvertrag freie Stellen.

Alljährlich wiederholt sich das Spiel, die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage bleibt groß. Auch wenn die Arbeitgeber ihre Angebote in den vergangenen drei Jahren von 1203 Ausbildungsangeboten auf 1285 Stellen in diesem Jahr erhöhten, reichen sie nicht aus, die Nachfrage zu decken.

Waren es vor drei Jahren noch 2532 Bewerber, die eine Ausbildung anstrebten, stritten in diesem Jahr 1917 junge Leute um einen Platz. 428 Jugendliche waren Ende August noch unversorgt, wie es in der Amtssprache heißt. Gleichzeitig waren 338 angebotene Stellen der Arbeitgeber noch nicht besetzt. Die Vermittlungsquoten gingen in den vergangenen Jahren von 80 auf etwa 77 Prozent zurück. Fast jede vierte Stelle blieb unbesetzt.

Jeder fünfte Kandidat ist wieder abgesprungen

Die Handwerkskammer Münster hatte in einer Umfrage unter Betrieben festgestellt, dass jeder dritte Betrieb keine passenden Bewerber gefunden habe oder erst gar keine Bewerbungen erfolgten. Jeder fünfte Kandidat sei wieder abgesprungen. Karl Tymister, Leiter der Agentur für Arbeit in Gelsenkirchen, rät Bewerbern, auch jetzt noch die Chance zu nutzen, einen Platz zu bekommen. So mancher Bewerber habe sich spät entschieden, sei abgesprungen, andere brächen in der Probezeiten die Ausbildung ab. „Jugendliche und Betriebe“, so Tymister, „sollten mit uns in Kontakt bleiben.“

Das Problem im Handwerk, in dem nur jeder dritte Betrieb ausbildet, ist sicherlich nicht die Ausbildungsbereitschaft der größeren Unternehmen. Es sind die Klein- und Kleinstbetriebe, die kaum ausbilden. In einigen Berufszweigen gab es Versuche, durch zweijährige Ausbildungszeiten mehr Jugendlichen eine Chance einzuräumen. „Doch die betriebliche Wirklichkeit sieht anders aus“, sagt Egbert Streich, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Emscher-Lippe-West. „Malerbetriebe etwa wollten keine Bauten- und Objektbeschichter, sondern Malergesellen.“

Verbundausbildung kaum gefragt

Auch die Verbundausbildung, bei der sich mehrere Betriebe einen Ausbildungsplatz und damit auch die Kosten teilen, stößt auf wenig Interesse. Streich: „Wir haben es vor Jahren mit einem Projekt versucht, doch die Resonanz war gering.“ Das Problem: In der Hochsaison ist der Auszubildende in allen Betrieben begehrt, in Schul- und Weiterbildungszeiten steht er nicht zur Verfügung. Mit Zuschüssen können Unternehmer auch nicht rechnen. Ausbildungsförderung durch die Arbeitsagentur erhalten Betriebe nur für die Einstellung von Schwerbehinderten. Egbert Streich empfiehlt Altbetriebsinhabern, eine Partnerschule zu suchen und Praktikumsplätze anzubieten. Dies werde zu wenig benutzt.

Berufsberatung hilft weiter

Einen wesentlichen Grund für die Zurückhaltung der Betriebe sieht Streich im Wegfall des Meisterbriefs für viele Berufszweige. So ist etwa bei den Gebäudereinigern und Fliesenlegern kein Meisterbrief mehr erforderlich. Betriebe, die meisterlich geführt werden, sind verärgert, fühlen sich benachteiligt. So ist die Ausbildungsbereitschaft im Fliesenlegerhandwerk auf fast Null zurückgegangen. Egbert Streich kann die Argumente der Meister verstehen: „Die bilden sich doch keine Konkurrenz aus.“

In Gelsenkirchen ist Nachwuchs nach wie vor in handwerklichen Berufen wie Dachdecker, Friseur, Gebäudereiniger und im Lebensmittelhandwerk gefragt. Jobs in Gastronomieberufen, im kaufmännischen Bereich, als medizinische Fachangestellte oder als Kranken- und Altenpfleger werden angeboten. Bewerber können unter 0800 4 5555 00 gebührenfrei einen Termin mit der Berufsberatung vereinbaren. Arbeitgeber, die Ausbildungsplätze melden wollen, erreichen die Agentur unter 0800 4 5555 20.