Gelsenkirchen. Die Situation im Gelsenkirchener Erstaufnahmelager sei nicht hinnehmbar, kritisieren Flüchtlinge und treten deshalb in den Hungerstreik.
Die chaotische Situation bei der Unterbringung von Flüchtlingen sorgt für Unmut – bei den Helfern, aber auch bei den Flüchtlingen selber. So kündigt eine Gruppe aus dem Erstaufnahmelager an der Mehringstraße jetzt einen Hungerstreik an.
Gründe dafür teilte ein Flüchtling der Redaktion gestern mit: In der Mehringstraße schliefen sie in zu kleinen Betten, viele Bewohner seien krank, es gebe zu wenig zu essen. Seit ihrer Ankunft hätten sie keine Informationen über das weitere Prozedere bekommen. Das monatliche Taschengeld werde zu spät ausbezahlt.
Helfer müssen warten
Bis zur Stadt ist die Nachricht eines Hungerstreiks bis Mittwochabend allerdings noch nicht durchgedrungen. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) – an den Erstaufnahmestellen neben anderen Hilfsorganisationen zuständig für die Versorgung der Flüchtlinge – bekommt den Ärger mit, die Situation sei schließlich nicht einfach. Von einem Hungerstreik habe man allerdings nichts gehört.
Auch bei den Flüchtlingshelfern regt sich Unmut. An der Emscher-Lippe-Halle erwarteten sie am Montag 150 Flüchtlinge, doch die Gruppe kam nie an. Die Helfer verschenkten das zubereitete Mittagessen an Obdachlose. Wieder Warten am gestrigen Mittwoch. Weitere 145 Menschen waren den Helfern für Dienstagabend, 20 Uhr, angekündigt. Die ersten Flüchtlinge trafen aber erst am Mittwochmorgen gegen 3.40 Uhr ein.
Innenministerium: Lage ist unübersichtlich
Die Lage ist unübersichtlich, heißt es vom NRW-Innenministerium. Bereits die Zahlen aus Bayern würden oft unterschiedlich gemeldet. So sei am Montag in München ein Zug mit 900 Flüchtlingen abgefahren. Bei den Helfern am Düsseldorfer Hauptbahnhof hätten sich nach der Ankunft aber nur 300 Menschen gemeldet.
Der Grund: Viele seien alleine weitergereist, wollten sich in Deutschland nicht registrieren lassen. „Die Menschen suchen sich ihre Wege. Die kennen die Orte, haben Kontakte“, sagte eine Sprecherin. Dass sich so viele Flüchtlinge alleine auf den Weg machen, sei aber eher eine Ausnahme.
Einige Flüchtlinge wollen weiterreisen
Auch in Gelsenkirchen hätten einige wenige Flüchtlinge deutlich gemacht, dass sie nicht in Gelsenkirchen bleiben wollen. „Ihr Ziel war zum Beispiel Schweden“, sagte Martin Schulmann. Dazu müsse nur die Registrierung in Deutschland umgangen werden.
Das DRK spricht von 15 Personen, die nach der Aufnahme verschwunden sind. Währenddessen bleibt dem Ärzteteam und den zahlreichen Helfern nichts anderes übrig als zu warten. „Dabei haben viele einen ganz normalen Job, müssen morgens früh ‘raus“, sagt Stadtsprecher Schulmann. „Wir kommen an unsere Belastungsgrenzen. Das gilt auch für die ehren- und hauptamtlichen Helfer.“
Verstimmung bei den Helfern
Am Montagabend blieben viele Aktive in Bereitschaft. Es war schließlich nicht klar, ob noch jemand kommt. Trotzdem: Das seien alles nur Momentaufnahmen. „Noch bekommen wir das alles geregelt“, so Schulmann.
DRK-Kreisgeschäftsführer Johannes Heinrich spricht von einer „Verstimmung“, die bei vielen Helfern zu spüren sei. „Die Planlosigkeit ist schlimm.“ Dabei sei ihm – und den Helfern – völlig klar, dass auch Stadt und Land oft nicht mehr wüssten. „Es gibt ja auch einen sehr guten und engen Kontakt. Aber es ist aussichtslos, irgendwoher verbindliche Infos herbekommen zu wollen.“