Gelsenkirchen. Angesichts der vielen Flüchtlinge sieht Gelsenkirchen die Möglichkeit, Nutzungsrechte von leerstehendem Wohnraum einzuklagen. Noch ist es nicht nötig.

Angesichts der Probleme bei der Unterbringung von Flüchtlingen in Gelsenkirchen ist nun auch im Notfall die Beschlagnahmung von leerstehendem Wohnraum ins Spiel gebracht worden. Denn für die Stadt bleibt es bei dem Grundsatz, Flüchtlinge möglichst dezentral in privaten Wohnungen unterzubringen. Das Ziel, so Oberbürgermeister Frank Baranowski, sei es weiterhin, Zeltstädte und Großunterkünfte für mehr als 2000 Menschen an einer Stelle zu vermeiden.

Rechtliche Mittel ausschöpfen

Baranowski appelliert daher nochmals an alle Wohnungseigentümer, im Rahmen ihrer Möglichkeiten Wohnraum an Flüchtlinge zu vermieten. Bisher ist es noch gelungen, die nach Gelsenkirchen kommenden Menschen menschenwürdig unterzubringen. Damit das auch so bleibt, so Frank Baranowski, sei die Stadt darauf angewiesen, hilfesuchende Menschen in geeignete Wohnungen unterzubringen. Oberbürgermeister Frank Baranowski und Sozialdezernentin Karin Welge wollen daher notfalls auch alle rechtlichen Mittel ausschöpfen. „Dort, wo wir den Eindruck haben, dass Wohnraum im großen Maße absichtlich dem Markt entzogen wird, können wir das Mittel der Beschlagnahmung nicht ausschließen“, so OB Baranowski.

Dies sähe in einem konkreten Fall dann so aus, dass die Stadt einen Antrag bei Gericht stellt und ein Nutzungsrecht über die jeweilige Immobilie erwirkt. „Noch ist es aber nicht nötig“, sagt Stadtsprecher Martin Schulmann. „Wir haben wirklich viele Leute, die uns ihre Wohnungen anbieten. Die werden von der Stadt begutachtet, ob sie geeignet sind.“

Das dies rechtlich möglich ist, bestätigt auch Haus und Grund Ruhr. „Grundsätzlich besteht natürlich die Möglichkeit, vor allem wenn die Gefahr von Obdachlosigkeit, in diesem Falle die von Flüchtlingen, besteht“, sagt Werner Weskamp, Geschäftsführer von Haus und Grund Ruhr. „Auch wenn es ein recht drastischer Eingriff in das Eigentumsrecht ist und natürlich rechtlich überprüft werden muss“. Generell, so Weskamp weiter, sei aber in der ganzen Region, also auch in Gelsenkirchen, eine sehr humanitäre Einstellung von Hauseigentümern zu spüren. „Wir haben viele Mitglieder auch in Gelsenkirchen, die auf uns zukommen und ihre Wohnungen oder Häuser speziell Flüchtlingen zur Verfügung stellen möchten.“

Mieterverein hält Vorgehen der Gemeinde für nicht zulässig

In ihrer Not sind einige Gemeinden in Deutschland schon dazu übergegangen, Mietern, die in Immobilien, die der Gemeinde gehören wegen Eigenbedarf zu kündigen, um dort Flüchtlinge unterzubringen. „Das kommt für uns nicht in Frage, da können alle unsere Mieter unbesorgt sein“, sagt Harald Förster von der Gelsenkirchener Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GgW). „Das dürfte gar nicht möglich sein, das ist rechtswidrig.“ Dennoch seien auf rechtlichem Wege auch Flüchtlinge in Wohnräumen der GgW untergebracht.

Auch Ernst Georg Tiefenbacher vom Gelsenkirchener Mieterverein hält das Vorgehen dieser Gemeinden für nicht zulässig und für Gelsenkirchen ausgeschlossen. „Eine Eigenbedarfskündigung ist nur möglich, wenn das Objekt vom Vermieter selbst oder von nahen Verwandten benötigt wird“, so der Rechtsanwalt. „In solch einem Verhältnis stehen die Stadt und die Flüchtlinge nicht zueinander.“