Gelsenkirchen. Trotz sinkender Bewerberzahlen steuert die Emscher-Lippe-Region auf ein leichtes Plus bei den Ausbildungsstellen zu, meldet die IHK Nord Westfalen.

Ausbildung ist ein wichtiges Gut für einen starken Start in das Berufsleben. Alle Jahre wieder jedoch zeigt sich, dass nicht jeder einen Ausbildungsplatz bekommt oder in dem Beruf „Azubi“ wird, den er sich gewünscht hatte.

Aktuell zeigt die Statistik der Arbeitsagentur für Gelsenkirchen und Bottrop noch 421 unbesetzte Ausbildungsstellen. Angebote gibt es zum Beispiel in verschiedenen Handwerksberufen wie Gebäudereiniger, Friseure, Dachdecker, Fachverkäufer Lebensmittelhandwerk, in Gastronomieberufen wie Restaurantfachmann, Koch, Fachmann Systemgastronomie sowie in den Feldern Kaufmann/-frau für Büromanagement sowie im Gesundheitssektor (Medizinische Fachangestellte, Zahnmedizinische Fachangestellte, Gesundheits- und Krankenpflege, Altenpflege).

Bis Ende August wurden von Gelsenkirchener und Bottroper Unternehmen insgesamt 1754 Ausbildungsstellen gemeldet. Demgegenüber suchten seit Beginn des Ausbildungsjahres bisher 2770 junge Frauen und Männer einen Ausbildungsplatz über die Berufsberatung der Gelsenkirchener Arbeitsagentur. Im August waren noch 612 gemeldet, die keine Ausbildungsstelle oder Alternative gefunden hatten.

9161 Ausbildungsverträge zum Stichtag

Trotz sinkender Bewerberzahlen steuert sowohl das Münsterland als auch die Emscher-Lippe-Region auf ein leichtes Plus bei den Ausbildungsstellen zu, meldet die IHK Nord Westfalen. Am Stichtag 1. September hatte sie 9161 neue Ausbildungsverträge registriert. Das seien 135 (1,5 Prozent) mehr als im Vorjahr. Die Bewerberzahlen gingen um 2,7 Prozent zurück.

In der Emscher-Lippe-Region stieg die Zahl der Ausbildungsverträge laut IHK um 1,4 Prozent von 2572 auf 2609. Während in Gelsenkirchen zum Stichtag 1. September sieben Verträge (insgesamt 715) und im Kreis Recklinghausen 82 mehr (insgesamt 1586) eingetragen wurden, belastet in Bottrop das Auslaufen des Bergbaus den Ausbildungsmarkt. 308 Verträge bedeuten ein Minus von 52 gegenüber dem Vorjahr. Insgesamt sank die Zahl der unvermittelten Bewerber im Emscher-Lippe-Raum deutlich.

Betriebe bilden überdurchschnittlich aus

Den DGB-Konter (WAZ vom 1.9.) zur IHK-Kritik an der „Rente mit 63“ läuft nach Ansicht der IHK Nord Westfalen „vollkommen ins Leere“. Die Unterstellung, wonach die Unternehmen in der Emscher-Lippe-Region zu wenig ausbilden und „schlicht eine gute Personalplanung verpennt“ hätten, „ist nachweislich falsch“, meint IHK-Vizepräsidentin Dr. Gudrun Bülow. Der „eigenartigen Wahrheit“ des DGB hält sie entgegen, dass die Ausbildungsquote in der Emscher-Lippe-Region seit Jahren deutlich über dem Landes- und über dem Bundesdurchschnitt von 5,9 bzw. 5,6 Prozent liege. In Bottrop und im Kreis Recklinghausen bei 6,7 Prozent, in Gelsenkirchen bei 6,5. „Es stimmt also nicht, dass die Betriebe hier zu wenig ausbilden“, sagt Bülow. „Im Gegenteil: Sie bilden überdurchschnittlich aus.“ Doch nur, wo gearbeitet werde, könne ausgebildet werden. „Wir haben zu wenig Betriebe“, betont die Unternehmerin das grundlegende Problem.

Spitze gegen den DGB

Zudem müssten Betriebe eine Mindestgröße haben. Der größte Teil der Unternehmen, die die Voraussetzung erfüllen, bilde aus, sagt Bülow. „Keiner ist so nah dran an den Ausbildungsbetrieben wie die IHK“, sagt sie und: „Mir ist nicht bekannt, dass der DGB Emscher-Lippe betriebliche Ausbildungsplätze anbietet, obwohl das von Größe und vom Geschäftsbetrieb her möglich sein müsste.“ Zur Wahrheit gehöre auch, dass die Zahl der jungen Menschen ohne Schulabschluss erneut gestiegen sei. Bülow bezieht sich auf die kürzlich erschienene Caritas-Studie, nach der Gelsenkirchen bundesweit am schlechtesten abschnitt. „Die fehlende Ausbildungsreife wird von Arbeitgebern seit vielen Jahren als das Ausbildungshemmnis Nummer eins bezeichnet.“

Der DGB sollte nicht vom Thema ablenken, sondern bei kleineren und mittelständischen Betrieben nachfragen, welche Lücken die sehr schnell eingeführte Rente mit 63 in die kleinen Belegschaften gerissen habe, sagt Gudrun Bülow. Insbesondere der Erfahrungsschatz langjähriger Fach- und Führungskräfte sei so schnell nicht zu ersetzen.