Gelsenkirchen. 1082 Kinder lernen in Gelsenkirchen derzeit in 74 Internationalen Förderklassen, Tendenz stabil steigend. Zwei Drittel von Ihnen kommen aus EU-Zuwandererfamilien.
1082 Jungen und Mädchen aus mehr als 20 Herkunftsländern in aller Welt machen in diesen Tagen in 74 Internationalen Förderklassen (IFÖ) an Gelsenkirchener Schulen ihre ersten Schritte ins deutsche Bildungssystem. Nicht eingerechnet die 150 Schüler, die gerade erst aus IFÖ-Klassen in Regelklassen integriert wurden. Eine unglaubliche Aufgabe, die Schüler, Lehrer, Verwaltung und Integrationszentrum vor Ort derzeit erstaunlich geräuschlos schultern. Noch. Die Zahlen steigen stabil und so ist ein Ende zumindest der räumlichen Kapazitäten absehbar. Dabei machen Flüchtlingskinder nur ein Drittel der Kinder in IFÖ-Klassen aus; zwei Drittel stammen aus EU-Zuwandererfamilien.
„Bis zum Jahresende kommen wir mit den vorhandenen Klassenräumen hin,“ schätzt Bildungsdezernent Dr. Manfred Beck. Dann müsse man neu denken. Ganz neu. Auch unangenehme Lösungen wie Schichtunterricht sind dann nicht mehr ausschließbar. Und Schulamtsdirektor Uwe Biel schaut noch etwas weiter voraus: „Im nächsten Sommer müssen wir über 900 Kinder aus IFÖ-Klassen in Regelklassen überführen. Und diese Zahl wird weiter steigen. Wir müssen dafür sorgen, dass wir für diese Kinder die richtigen Schulformangebote machen können. Prüfen, wie unsere Schulstruktur dazu passt.“
Die Schulentwicklungsplanung muss neu überdacht werden
80 Klassen bis zum Jahresende
1082 Kinder lernen in GE in 74 Internationalen Förderklassen. Bis zum Jahresende rechnet man mit 80 Klassen. 354 IFÖ-Kinder lernen an Grundschulen. Bei den IFÖ-Klassen an weiterführenden Schulen gibt es einen Schwerpunkt im Stadtsüden. Das soll sich ändern.
Im Juli 2015 – vor dem Übergang in Regelklassen von 150 Kindern – gab es in GE 1244 IFÖ-Kinder, 2013 waren es 313.
Um Klassenräume zu schaffen, soll nun am Berger Feld der geplante Internatsausbau vorübergehend umgenutzt werden.
Das ist nicht als Kritik an bestehenden Schulen gemeint, im Gegenteil. „Alle Schulformen machen mit, es haben Schulleiter selbst Hilfe angeboten. Es ist bewundernswert, wie gut das läuft. Und auch die Lehrerversorgung ist gut.“ Was er nicht ausspricht, aber im Zwischentext steht, ist der Gedanke, dass viele dieser Kinder in integrierten Systemen wie Gesamtschulen besser aufgefangen werden können als im gegliederten System. Da wäre auch ein Abschulverbot für Realschulen denkbar, wenn Kinder die Leistungen nicht erreichen.
„Wir haben eine Schulentwicklungsplanung, die sich an den Bedürfnissen und Wünschen der Eltern orientiert hat, soweit möglich,“ erläutert Dr. Manfred Beck. Aber diese Planung hatte eine andere Basis. 25773 Kinder lernten 2014/15 insgesamt an allen Schulformen in Gelsenkirchen. Fast 1100 sind heute in IFÖ-Klassen, Tendenz und damit Anteil steigend.
Nur in Duisburg ist die Situation noch extremer als in Gelsenkirchen
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74 IFÖ-Klassen in Gelsenkirchen – das sind deutlich mehr als bei Nachbarn wie Bochum oder Herne. Den Unterschied machen die Kinder aus EU-Zuwandererfamilien. In Duisburg ist die Situation noch extremer. Auf Platz zwei folgt Gelsenkirchen, dann Dortmund und Essen. Dass die Mehrheit nicht deutschsprachige EU-Zuwanderer sind, ändert wenig an der Situation in den IFÖ-Klassen. Nur die Unterstützung beim Aufbau der Bildungsstrukturen vor Ort ist eine andere. Für Flüchtlinge gibt es Landeshilfe, für EU-Zuwanderer nicht. Dennoch brauchen auch diese Kinder Lehrmaterialien, Lehrer, Unterstützung.
„Wir müssen das Gemeinschaftswesen stützen, das ist eine besondere Aufgabe, die besondere Wege erfordert“, mahnt Beck. Und meint einen speziellen Etat für jene Kosten, die der allgemeine Zuweisungsschlüssel nicht vorsieht, die aber entstehen, wenn die Aufgabe gut gemeistert werden soll. Franz Tratnik, der beim Kommunalen Integrationscenter die Beratung von Seiteneinsteigern organisiert, bestätigt: „Wir sind froh über die gute Lehrerversorgung, die wir bekommen haben. Auch unsere Beratungsstelle wurde aufgestockt, aber wir konnten noch nicht alle Stellen besetzen. Wir brauchen auch andere Lösungen.“