Gelsenkirchen. Die Zahlen alarmieren: Die Quote der jungen Menschen, die 2013 die Schule ohne Hauptschulabschluss beendeten, ist auf 11,2 Prozent gestiegen. 2012 waren es noch 10,8 Prozent.

Die Zahlen alarmieren: Die Quote der jungen Menschen, die 2013 die Schule ohne Hauptschulabschluss beendeten, ist auf 11,2 Prozent gestiegen. 2012 waren es noch 10,8 Prozent. Zum Vergleich: im Landesdurchschnitt hatten 2013 insgesamt 5,2 Prozent der Jugendlichen am Ende ihrer Schulzeit keinen Abschluss in der Tasche. Damit hält Gelsenkirchen den Negativrekord in Nordrhein-Westfalen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Bildungsstudie der Caritas.

Caritasdirektor Peter Spannenkrebs und Stadtrat Dr. Manfred Beck machten die besondere Situation in Gelsenkirchen am Donnerstag in einem gemeinsamen Gespräch deutlich. Beck unterstrich bei dieser Gelegenheit, es sei gut, dass sich die Caritas als wichtiger Verband für Bildung mit diesem Thema beschäftige. Er schloss entgegen früherer Meinung des Landes ausdrücklich die Kommune in die Verantwortung für Bildung ein, betonte aber gleichzeitig: „Wer möchte, dass unser Bildungssystem das schafft, was andere Länder schaffen, muss uns auch die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen.“

Caritas-Chef fordert politischen Willen ein

Grundsätzlich sind sich Spannenkrebs und Beck bei der Einschätzung, wie es in Gelsenkirchen zu einer vergleichsweise exorbitant hohen Quote von Schulabgängern ohne Abschluss komme, einig: Bildungsabschlüsse seien immer noch von der sozialen Herkunft abhängig und von der hohen (Langzeit)Arbeitslosigkeit. Der Caritas-Chef betonte allerdings, dass zu den Erfolgskriterien für eine Verringerung der negativen Quote auch das gehöre: „Der politische Wille der Kommune, dass Jugendliche mindestens den Hauptschulabschluss erlangen.“ Er halte den offenen Ganztag für eine gute Sache. Der Schwerpunkt liege aktuell aber mehr auf der Betreuung der Kinder. Sein Wunsch: „Der muss mehr für Lernförderung genutzt werden.“

Die Zahlen des Caritasverbandes machten deutlich, „dass es uns noch nicht gelingt, die soziale Lage der Familien von den Schulabschlüssen zu entkoppeln“, räumte Beck ein. Um dann noch einmal an die Bemühungen der Stadt zu erinnern, die Fördermittel für den Sozialdienst Schule zu strecken, um die dringend notwendige Arbeit aufrecht erhalten zu können. Der Erfolg ist bekannt: Weil Gelsenkirchen nur 50 Prozent der Fördergelder abgerufen hat, gab es in einer Anschlussförderrunde des Landes weniger. Es sei kontraproduktiv, wie das Land seine Förderpolitik betreibe, meinte Beck. „Herne bekommt doppelt soviel, Essen viermal soviel wie Gelsenkirchen.“ Die Schulaufsicht frage angesichts solcher Quoten, wie sie jetzt vorliegen: Was tut ihr? „Jetzt frage ich: Was tut denn das Land für Gelsenkirchen?“

Schüler mit Förderbedarf

Große Erwartungen verbindet der Stadtrat mit dem Bildungsverbund Schalke. Wenn der erfolgreich sei, soll das Modell stadtweit eingeführt werden. Was bei der Bewertung der jetzt vorliegenden Quoten aus Becks Sicht unbedingt dazu gehört, ist: Ein Großteil der Abgänger ohne Hauptschulabschluss hatte einen besonderen Förderbedarf und am Ende einen Abschluss des Förderschulsystems. Diese Schüler wurden in der bundesweiten Caritas-Bildungsstudie nicht gesondert betrachtet, sondern sind in das Gesamtergebnis eingebunden.

Seine Forderung an das Land NRW: Mehr für die Schulen in Gelsenkirchen tun, mehr in die notwendige Schulsozialarbeit investieren. Was Gelsenkirchen tun kann: Vorhandene Bildungskooperationen nutzen und die aus eigner (finanzieller) Kraft möglichen Ressourcen auszunutzen.