Timo Wersinski ist sehbehindert. Dennoch ist der Gelsenkirchener seinen beruflichen Ausbildungsweg gegangen, arbeitet heute als Zerspanungsmechaniker.

Timo Wersinski greift sich einen der Alu-Rohlinge, spannt ihn ein. Ab in die Maschine – und „go!“ Nichts besonderes für einen Zerspannungsmechaniker. Eigentlich. Aber der junge Mann aus Gelsenkirchen ist an sich etwas Besonderes: Durch eine Erbkrankheit schwerst sehbehindert, ist die gelassene Routine, mit der der 22-Jährige hantiert, beachtlich. Hut ab.

Sagt auch sein Chef Andreas Jaszkowiak, Geschäftsführer der gleichnamigen Maschinenbau GmbH in Gladbeck, die aktuell 17 Beschäftigte hat. „Timo läuft einmal irgendwo durch und hat den Weg gespeichert.“ Und allein, wie er mit der Krankheit umgehe, das sei „einfach beeindruckend“.

Wersinski hat die Focus-Schule, die Westfälische Förderschule mit dem Schwerpunkt Sehen in Gelsenkirchen besucht. „Weil der Integrationsfachdienst ja immer in der Schule drinhängt, musste ich nach Soest.“ Timo ist gut drauf und nicht auf den Mund gefallen. Er lacht. Man habe ihn bei der Berufsorientierung in die Korbflechterei abschieben wollen. Der junge Gelsenkirchener hatte andere Vorstellungen – und machte in Soest erst einmal das Berufsgrundschuljahr im Bereich Metalltechnik. Das war immer sein Ziel. Sein ursprünglicher Berufswunsch: „Ich wollte Konstruktionsmechaniker werden. Aber das ging auch wieder nicht.“

Ebenfalls in Soest schnupperte er also als Praktikant in Bereiche wie Schweißen, Drehen und Fräsen – und startet dann nach dem Schulabschluss mit der dreieinhalbjährigen Ausbildung zum Zerspannungsmechaniker durch. Das dazu gehörige Praktikum hat er bei Seppelfricke in Gelsenkirchen absolviert.

Vier Wochen Probebeschäftigung

„In der Ausbildung lernen die jungen Leute die gleichen Inhalte und bekommen die gleichen Prüfungsaufgaben“, sagt Irmtraud Sucker, Arbeitsvermittlerin im Arbeitgeberservice Reha bei der Agentur für Arbeit. Gleichzeitig würden sie aber auch lernen, was es heißt, mit ihrer Einschränkung im Beruf umzugehen. Für Timo Wersinski kein Problem. Er wollte in den Metallbereich – nun ist er ist dort richtig angekommen. Mit Hilfe von Irmtraud Sucker, die Unternehmer und Bewerber zusammenbrachte.

Ob er bei seinem späteren Chef erst dicke Bretter bohren musste? Der 22-Jährige lacht verschmitzt. Soll wohl heißen: „Nö.“ Sein Chef erzählt: „Wir haben vier Wochen Probebeschäftigung vereinbart.“ Und hier kommt Sebastian Kuhl, Diplom-Sozialarbeiter beim Integrationsfachdienst (ifa) und obendrein Fachberater für Menschen mit Sehbehinderung ins Spiel. Er hat Gespräche in der Gladbecker Firma geführt. Jaszkowiak erfuhr, was Timos Sehschwäche bedeutet. Und sagt heute, nachdem er Wersinski zum 1. April fest eingestellt hat: „Ich hatte anfangs Probleme zu glauben, dass Timo das alles leisten kann. Aber er hat uns in der Probearbeitszeit die Angst genommen.“

Anderen Arbeitgebern würde er sagen: „Diese jungen Menschen sind hoch motiviert.“ Man sollte ihnen die Chance geben.

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