Gelsenkirchen. Der Motor und Seelentröster im Feldmarker Jugendtreff der Amigonianer geht für ein Jahr als Novizenmeister nach Spanien.

Sie leben jetzt getrennt, sind aber nicht geschieden. Scheidungen gibt’s nach katholischem Recht ohnehin nicht. Die Jugendlichen in der Feldmark und in Schalke werden ihren Motor, Seelentröster und Motivator vermissen. Bruder Anno Müller, Pater im Orden der Amigonianer, nimmt eine Auszeit, quasi ein Sabbatjahr. Am 24. August bricht er nach Andalusien auf, um als Novizenmeister zwei Ordensbrüder auf die Aufnahme in die Gemeinschaft vorzubereiten.

Sprache des Reviers verinnerlicht

Der 48-Jährige Pater ist zwiegespalten. Einerseits freut er sich über die Entscheidungen zweier junger Männer, die an die Klosterpforte geklopft hatten. Andererseits verlässt er sein Zuhause im Feldmarker Jugendtreff an der Aldenhofstraße nur ungern. Er gilt seit 1989 als Vater des Jugendtreffs, der junge Leute in eine Welt ohne Vorurteile, Hass und Gewalt führen will.

Von 1998 bis 2007 war Bruder Anno auch Leiter des Treffs, der heute von Michael Niehaus geführt wird. Bruder Anno, der Kölner, hat längst die Sprache des Ruhrgebiets verinnerlicht, die Menschen schätzen gelernt, in Gelsenkirchen tiefe Freundschaften geschlossen. Probleme im Stadtteil gab’s genug. Doch auch er spürte, dass seine Schützlinge aus unterschiedlichen Kulturkreisen das Misstrauen ablegten. Die Ängste verschwanden, wenn man aufeinander zuging.

12.500 Euro für „Kids ins Team“

Eines der zahlreichen Projekte verbindet die Amigonianer mit den Rotariern. So nahm Bruder Anno auch ein Treffen des Rotary Club Gelsenkirchen zum Anlass, sich zu verabschieden und sich für die Kooperation und Unterstützung zu bedanken. Schon zum fünften Mal waren die Rotarier in diesem Jahr Partner des Projekts „Kids ins Team“.

Bei dem letzten Fußballturnier auf der Anlage an der Fürstinnenstraße konnte der Rotary Club 12.500 Euro zugunsten des Projekts mit vielen Mannschaften „erspielen“. Mit dem Geld werden soziale Projekte unterstützt und Jugendliche an die Vereine VFB und Adler Feldmark herangeführt. Durch Betreuung, Vertrauensaufbau und hartnäckige Begleitung erfahren sie soziale Anerkennung, fühlen sich nicht mehr im Abseits.

Ein Kölner vertritt Pater Anno

Bruder Anno, der heute schon die Rückkehr zu seiner großen Familie herbeisehnt, will aber auch die Chance für eine persönliche Auszeit nutzen, um Abstand zu gewinnen. „Auch für eine gründliche Reflexion der Veränderungsprozesse, die wir als Orden durchleben.“ Kirchenrechtlich bleibt Bruder Anno ohnehin der „Kommunität Gelsenkirchen“ angegliedert.

Mit Pater Ralf Winterberg wird wieder ein Kölner Bruder Anno als Gesamtverantwortlichen für die Jugendarbeit ein Jahr lang vertreten. Die soll im „Amigonianer soziale Werke e.V.“ weiter entwickelt werden. Vielleicht hat bei der Rückkehr auch der Förderverein der Amigonianer, der jetzt schon über 100 Mitglieder zählt, neue Freunde gewonnen. Die Rotarier, so versicherte ihr Präsident Professor Gerd Bittner, hat Bruder Anno mit seinem Elan und seinem Einsatz längst als Freunde gewonnen.