Gelsenkirchen. Sechs Gelsenkirchener Künstler haben ihr Atelier auf „Unser Fritz“ in Herne. Die WAZ hat sie in ihrem kreativen Zentrum am Rhein-Herne-Kanal besucht
Sie ist nur einen Steinwurf vom Hafen Grimberg, tief im Osten von Gelsenkirchen, entfernt: Die Künstlerzeche Unser Fritz am Stadtrand von Wanne-Eickel. Wie ein verwunschenes Schloss von Efeu umrankt, liegt die frühere Betriebsabteilung ⅔ der Zeche aus robustem roten Backstein direkt am Rhein-Herne-Kanal.
Malerisch ist es hier, das Zusammenwirken von Natur und Industriekultur wirkt inspirierend – auch für die Künstlerszene von Gelsenkirchen, denn sechs der 12 Künstler, die hier auf „Unser Fritz“ ihr Atelier haben, kommen aus Gelsenkirchen.
Perfekt für die großen Formate
Dabei hatten alle sechs ganz unterschiedliche Gründe, als sie den Sprung über den Kanal wagten. „Ich war ja jahrelang im Kunstverein Gelsenkirchen aktiv. Und die damalige Vorsitzende Anneliese Knorr hat mich in Kontakt zu Helmut Bettenhausen, der die Künstlerzeche hier ja aufgebaut hat, gebracht. So bin ich dann zur Künstlerzeche gekommen“, erzählt Jürgen Buhre (52), der in Buer wohnt und damit die weiteste Anreise zur Künstlerzeche hat.
Er war 17, als er den Kunstort für sich entdeckte. Inzwischen hat er sein Atelier direkt unterm Dach. „Die hohen Decken hier sind perfekt für meine großformatigen Leinwände“, sagt er lachend.
Weitaus näher dran wohnt Künstlerkollegin Gitta Witzke (60), die in Resse geboren wurde, aber seit vielen Jahren mit ihrem Lebensgefährten, dem musikaffinen Reinhard Gollan, in Ückendorf lebt. „Ich komme meistens mit dem Fahrrad hierher. Immer der Erzbahntrasse entlang“, sagt sie.
Künstlerin hätte sich Gelsenkirchener Mieten nicht leisten können
Warum sie sich damals, nach dem Malerei- und Grafikstudium, nicht für die näher gelegene Künstlersiedlung Halfmannshof als Arbeitsmittelpunkt entschied? „Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Wahrscheinlich war dort gerade nichts frei. Und die Mieten hätte ich mir auch nicht leisten können“, sagt Gitta Witzke, die ihren Hang zur Heimatstadt nie verloren hat – erst kürzlich stellte sie Werke in der „werkstatt“ an der Hagenstraße aus.
Ihrem Kollegen Werner Ryschawy geht es ganz ähnlich. „Ich bin schon Lokalpatriot, obwohl ich eigentlich in Bayern geboren bin. Aber als ich zwei Jahre alt war, sind meine Eltern mit mir nach Gelsenkirchen gezogen. Ich bin in der Altstadt aufgewachsen. Dort wohne ich auch jetzt noch“, erzählt der Grafiker, der oft auch nachts zum Arbeiten „Unser Fritz“ ansteuert. Auch er ist dann meistens mit dem Fahrrad unterwegs. „Quer durch Bismarck“, wie er sagt.
Massive Schränke voller Grafiken
Ich finde es schade, dass Gelsenkirchen keinen vergleichbaren Kunstort wie die Künstlerzeche hier hat“, sagt Werner Ryschawy, dem spontan gleich mehrere Orte in seiner Wahlheimat einfallen, die sich eignen würden. „Für mich ist hier der Vorteil, dass ich hier endlich etwas Dauerhaftes gefunden habe – und nicht immer umziehen muss von einem Atelier ins andere“, sagt er und zeigt auf seine massiven Schränke voller Grafiken und die vielen Objekte, die hier von der Decke hängen.