Gelsenkirchen. Sechs Reihenhäuser sind spätestens im September bezugsfertig. Eines ist bereits vermietet. Interessenten gesucht aus der Kreativwirtschaft.

Bagger und Baukräne, Lärm und Lehmhügel dominieren noch immer das Leben in der Künstlersiedlung Halfmannshof in Ückendorf. Hier, wo seit den dreißiger Jahren landschaftliche Idylle und die Avantgarde der Kunstszene zu Hause waren, herrscht ungemütliches Baustellen-Flair. Seit die Stadt 2011 per Ratsbeschluss dem einst so renommierten Künstlerhort eine massive Frischzellenkur verordnet hatte, wurde hier abgerissen, abgesägt, neu gebaut und renoviert. Der klassische Halfmannshof auf dem Weg in ein neues, modernes Kreativquartier. Ein Zwischenstand.

Vermietet, nicht verkauft

Nach der Phase des Abbruchs ist auf dem Gelände inzwischen deutlicher Aufbau zu erkennen. Die Ausstellungshalle, lange Zeit Dreh-und Angelpunkt des Lebens auf dem Hofe, liegt seit 2013 in Schutt und Asche. Nun aber entstand an gleicher Stelle ein Neubau von sechs verklinkerten, zweigeschossigen Einfamilien-Reihenhäusern. Die sollten ursprünglich verkauft werden, stehen nun aber zur Vermietung bereit.

Harald Förster, Geschäftsführer der Gelsenkirchener Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GGW), zu deren Bestand der Hof zählt, ist zuversichtlich, dass die sechs Reihenhäuser im September komplett fertig gestellt sind. Ein Haus sei bereits vermietet, zwei ernste Anwärter stehen in den Startlöchern, und auch für die drei anderen Gebäude gäbe es bereits Interessenten. Die Vermietung findet, wie geplant, in enger Abstimmung mit dem städtischen Kulturreferat statt, denn möglichst alle zukünftigen Bewohner des Halfmannshofes sollen, so der Plan, in der Kreativwirtschaft aktiv sein.

Der Bereich des einstigen Schmiede- und Keramikhauses ist komplett renoviert und inzwischen auch komplett vermietet an vor allem junge Künstler.

Wiese mutierte zur Dauer-Großbaustelle

Die Gebäude links der einstigen Halle sollten ursprünglich ebenfalls abgerissen werden, in diesen Tagen aber, so Förster, fällte der GGW-Aufsichtsrat die Entscheidung, die Bauten in drei Reihenhäuser umzuwandeln und dann zu verkaufen. Die Einheiten werden 170, 130 und 90 Quadratmeter Fläche haben. Umbaustart soll schon im September sein.

Die einstige Wiese im Mittelpunkt der Hofgemeinschaft mutierte in den letzten Monaten zur Dauer-Großbaustelle. „Den Plan, diese Fläche auch zu bebauen, haben wir für die nächsten Jahre erst einmal aufgegeben“, sagt Förster. Wo jetzt noch Bauschutt und Material lagern, wird dann erst einmal wieder Grün sprießen.

Das Leben ist eine Baustelle: Zumindest auf dem Halfmannshof. Von den zuletzt neun auf dem Hof lebenden Künstlern wohnen und arbeiten zurzeit noch drei in der Siedlung. Geblieben sind die langjährigen Bewohner, der Fotograf Helmut Kloth, der Bildhauer und Maler Heiner Szamida und der Buchbinder Dietmar Klein.

Mit der Entscheidung des Rates, die Künstlersiedlung in ein Kreativquartier umzuwandeln, begann für diese Künstler und ihre Familien das Wohnen zwischen Bauwagen, Lärm und Dreck. Was sie eint, ist so mancher Ärger und Frust, aber auch der leise Optimismus, dass es am Ende doch wieder fruchtbar funktioniert mit dem kreativen Dasein an einem einst legendären Ort.

Die Bauarbeiten sind eine echte Belastung

Seit 1983 lebt Heiner Szamida in einem alten Fachwerkhaus auf dem Halfmannshof. Viel an Kraft haben er und seine Familie damals investiert, um das Haus lebens- und liebenswert zu gestalten. Für den gebürtigen Gelsenkirchener ging damals mit dem Einzug ein Traum in Erfüllung. Als der 2011 durch den geplanten Umbau der Anlage ins Wanken geriet, hielt Szamida durch, signalisierte von Anfang an: „Ich bin bereit, mich einzubringen.“

Bei dieser Position ist der 62-Jährige bis heute geblieben. Im Gespräch mit der WAZ sagt er: „Ich sehe für mich weiterhin eine Perspektive auf dem Halfmannshof.“ Nein, bereut habe er seine Entscheidung zu bleiben nicht: „Ich kann hier weiter künstlerisch in meiner Werkstatt arbeiten, realisiere viele Projekte in der Stadt und in der Region.“

Die Bauarbeiten seien eine echte Belastung, aber: „Ich wusste ja, dass es hier eine Baustelle wird.“ Schulklassen für Kunstprojekte einzuladen wie früher, das sei zurzeit nicht möglich. Da hofft er auf’s Ende der Arbeiten und eine neue Gemeinschaft: „An mir wird’s nicht scheitern.“

Das Ende der Baustelle sehnt auch die Buchbinderfamilie herbei. Dennoch sagen auch Regina und Dietmar Klein: „Wir bleiben optimistisch.“