Gelsenkirchen. Der SommerSound setzt sich auch am Sonntag durch: Eine Stunde vor Beginn reißt der Himmel auf und verscheucht schwere Regenwolken.

Schon wieder muss „SommerSound“-Organisator Guntmar Feuerstein mit dem Wetter bangen, und auch bei der zweiten Veranstaltung in diesem Jahr steht das Glück Pate. Eine Stunde vor Beginn reißt der Himmel auf und verscheucht schwere Regenwolken, die bis dahin den Sonntag in eine graue Farbe getaucht hatten.

Als Katy Sedna von „Cats ´n Fruits“ pünktlich um 19.30 Uhr ihre Stimme zu einem melancholischen portugiesischen Lied erhebt, sind die zweihundert Stühle belegt und viele Menschen belagern Bier- und Würstchenstände. „Velia Mamma“ – eine zarte Gitarrenmelodie läutet einen Klagegesang ein – Sedna trifft genau den Nerv südeuropäischer Geschichtenerzähler, die von einer berührenden Stimme und lebendigem Text leben.

Ein perfektes arabisches Vibrato

Die 44-jährige Musikerin, Tochter einer Amerikanerin und eines Deutschen, hat auf mehreren Kontinenten gelebt, die Musik vieler Völker in sich eingesogen. Nach portugiesischem Fado folgt ein ägyptisches Liebeslied. Perfektes arabisches Vibrato in der Stimme. An Sednas Seite seit 2006 „Herr Weber“ aus Mülheim. Mit diesem Understatement der Langweiligkeit präsentiert sich ein Musiker, der äußerst expressiv auf einer Vielzahl von Instrumenten mit Hilfe von Loops Sednas Liedern einen außergewöhnlichen Klang gibt. Die romantische Geigenmelodie lagert sich auf Tonfolgen von Xylophon, vermischt sich mit Akkordeon und E-Gitarre, begleitet vom steten Rhythmus des Schlagzeugs – stellenweise surreal und bizarr.

Kenia und Togo waren Stationen in Sednas Leben auf dem „schwarzen Kontinent“, sie animiert die mittlerweile über vierhundert Zuhörer (für den nicht abnehmenden Besucherstrom wurden fleißig hundert weiße Stühle mehr aufgebaut) zum Mitsingen des Refrains „Zelia-lala-e“ – „bei einem afrikanischen Lied kann man keine Fehler machen. Die Musik lebt von der Begeisterung und der Improvisation“. Zum Träumen schön ihr a-cappella Gesang eines togolesischen Mädchens, das auf den Geliebten wartet. Katy Sednas Hände malen dazu Bilder in die Luft, die mit solchen Klängen nicht mehr nach kühlem Regen, sondern nach trockener Savanne schmeckt. Viele Zuhörer sind begeistert.

Ganz deutsch, aber ebenso ungewöhnlich

Ganz deutsch, aber ebenso ungewöhnlich, präsentiert sich das „Trio Rosenrot“. Jennifer Kuhn (Sopran), Hub Hildebrand (Gitarre) und Denis Stilke (Schlagzeug) widmen sich der künstlerischen Neuinterpretation deutscher Volkslieder.

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„Nun will der Lenz uns grüßen“ startet gewohnt, doch die klassische Stimmausbildung der Sopranistin verleiht dem Werk von 1885 gleich einen strahlenden Glanz. Schnörkellos und klar zieht die Melodie durch den Stadtgarten, erste Improvisationen von Gitarre und Schlagzeug künden Veränderung an. Auf den Schlussworten „und lädt im Festagskleide zum Maientanze ein“ läutet ein tranceartiges „heja - heja“ Klangwandlungen zur Musik nordamerikanischer Indianerstämme ein. „Unglaublich, was alles im Kern der alten Lieder steckt, nicht wahr“ sagt Kuhn schmunzelnd.

Das Mädel, das mit dem güldenen Band zum Tanze geht, jodelt unvermittelt und wird von keckem Schlagzeug begleitet, „Du liegst mir im Herzen“ verstummt plötzlich und offenbart kitschiges Bangen. Das Trio betreibt auch akribische Recherche nach fast Verlorenem. Aus einem Liederbuch des Benediktinerpriesters Johannes Werlin aus dem 17. Jahrhundert grollt der Donner. „Es geht ein dunkler Wolkenhain“ – langgezogene Töne peitschen wie das Pfeifen des Windes, Blitze zucken aus dem Schlagzeug – das Gewitter nimmt seinen Lauf.