Gelsenkirchen. . Die IT-Firma “cryptovision“ liefert Verschlüsselungstechnik in alle Welt – unter anderem für Reisepässe in Afrika und WLAN in den USA.
Wenn Geheimdienste E-Mails mitlesen oder Hacker im Internet Passwörter knacken, um ganze Konten leerzuräumen, dann sind probate Gegenmittel gefragt. Die Firma cryptovision, die ihren Sitz in Gelsenkirchen unter dem Dach des imposanten Wissenschaftsgebäudes hat, kennt derartige Gegenmittel – und setzt auf Verschlüsselungstechnik made in Ückendorf.
Vom Gelsenkirchener Süden aus wird Chiffriertechnik inzwischen in die USA, nach Südamerika, Afrika und ganz Europa exportiert. Und schon bald könnte eine viertel Milliarde Menschen auf der Welt Dokumente mit einem Sicherheitschip in der Tasche tragen, der Daten mit Gelsenkirchener Technik verschlüsselt: In einer Welt, in der biometrische Daten, Internettransaktionen oder bargeldlose Zahlungssysteme eine immer wichtigere Rolle spielen, wird auch der Schutz dieser Daten immer wichtiger.
Fälschungssichere Ausweise
Die 55 Mitarbeiter von cryptovision (rund 50 davon in Gelsenkirchen, jeweils einer im amerikanischen Silicon Valley und in Mexiko sowie drei in Österreich) sorgen mit ihren Verschlüsselungsprogrammen dafür, dass elektronische Personalausweise, Pässe oder Führerscheine in Nigeria, Ecuador und vielen weiteren Ländern fälschungssicher werden, dass besondere Merkmale auf Mitarbeiterausweisen nur ganz bestimmten Personen Zugang zu Gebäuden erlauben oder dass die Emails der Bundeswehr nicht ausgespäht werden können.
Dabei war es eine ganz besondere Technik, die den gebürtigen Ückendorfer Markus Hoffmeister 1999 dazu bewegte, gemeinsam mit seinem Bruder Andreas die kleine Spezialfirma zu gründen.
Schnellere Verschlüsselung bei gleicher Sicherheit
„Damals war Verschlüsselungstechnik auf der Basis elliptischer Kurven etwas ganz Neues“, erzählt Markus Hoffmeister, der an der Universität Essen-Duisburg Mathematik studiert hatte und sich freute, endlich ein Anwendungsgebiet für das komplizierte Formelwerk gefunden zu haben. „Diese besondere Verschlüsselungstechnik erlaubt es, bei gleicher Sicherheit Daten schneller zu verschlüsseln und an anderer Stelle wieder zu entschlüsseln. Zudem verbraucht diese Technik weniger Rechenkapazität und Speicherplatz auf den Datenchips als andere Verschlüsselungsmethoden. Dadurch können die Chips billiger produziert werden – das macht pro Chip zwar nur rund 50 Cent weniger aus, aber wenn man berechnet, dass Ausweisdokumente für ein ganzes Land damit bestückt werden, dann ist das Einsparpotenzial schon enorm hoch“, erklärt Markus Hoffmeister (43), Geschäftsführer der cryptovision GmbH.
„Eine Zeit lang haben wir Hardware und Software für Verschlüsselungstechnik mit entwickelt, inzwischen decken wir das gesamte sicherheits-relevante Spektrum elektronischer Ausweissysteme ab und arbeiten mit weltweiten Partnern zusammen, die unsere Lösungen mit anderen Komponenten verbinden. Die elliptischen Kurven spielen dabei nach wie vor eine wichtige Rolle. Dabei kommt uns zu Gute, dass wir in der Sicherheitsbranche ein hohes Ansehen genießen und ganze Staaten uns vertrauen“, erklärt Markus Hoffmeister, dessen Firma sich das Vertrauen mit viel Fleiß erarbeitet hat.
New Yorker Subway als Kunde
Dass cryptovision eine Marktlücke entdeckt hat, zeigen die Anfragen aus aller Welt. „Nach den Anschlägen vom 11. September sind wir von der staatlichen Metropolitan Transportation Authority (MTA), die in New York das U-Bahnsystem, die Buslinien und den Bahnverkehr betreibt und koordiniert, gebeten worden, die Kommunikation über WLAN zu verschlüsseln, damit diese nicht gehackt werden kann“, erzählt Markus Hoffmeister.
Rund 2,4 Milliarden ÖPNV-Nutzer in New York profitieren seither jährlich von der neuen, verschlüsselten Technik made in Ückendorf. Im „Labor“ von cryptovision werden derweil schon die nächsten Projekte angestoßen. „Dieser Standort ist für uns ideal, in einem Radius von 30 Kilometern liegen zahlreiche Hochschulen, mit denen wir zusammenarbeiten können“, schwärmt Markus Hoffmeister.
Und auch der nächste Flughafen ist schnell erreichbar – falls mal wieder ein Anruf aus New York oder Nigeria kommt. . .