Gelsenkirchen. Die Bochumer Straße ist Ziel für Revitalisierungs-Projekte. Der Generalsekretär der Landes-SPD sah sich erste Ergebnisse an – auch als möglicher Türöffner für Fördermittel .

Der Schriftzug „Tapeten Weber“ über dem Schaufenster zeugt von einer besseren Handels-Vergangenheit. Vis-à-vis: Misere in Serie, schiefe Fassaden, blätternder Putz, Fenster, die dringend einen Anstrich bräuchten. Bei manchem leeren Lokal ist die Ladengenese der letzten Jahre an alten Beschriftungen zu sehen – vom Eiscafé zum Internetcafé zum Leerstand.

Die Bochumer Straße in Ückendorf ist hier eine Meile der begrabenen Geschäftsideen. In Haus Nummer 109 wird an diesem Spätnachmittag die Zukunft ausgemalt: Im Stadtteilbüro Südost treffen sich lokale SPD-Vertreter mit ihrem NRW-Generalsekretär André Stinka. Er ist auf Sommertour und besucht Stadtentwicklungsprojekte.

Die Planung reift

Dafür steht die Bochumer Straße als zentrale Aufgabe für die Gelsenkirchener Stadtentwickler. Und für das Bemühen, Fördermittel für die Revitalisierung zu bekommen – dabei könnte auch ein Mann wie Stinka auf Landesebene Türöffner sein. Der Masterplan für ein integriertes Handlungskonzept läuft bis 2013. Viel Zeit und noch mehr Geld werden wohl nötig sein.

Ein gehöriges Stück Zukunft ist in ausladender Klinkeroptik schon zu sehen: Das neue Justizzentrum wächst der Vollendung 2016 entgegen. Als neues Tor zum Stadtteil soll es Ankerfunktion entwickeln – mit dem Wissenschaftspark, mit der Heilig-Kreuz-Kirche, die ein Multifunktionshaus für den Stadtteil werden soll. Die Planung reift, die Förderzusage erwarten die Sozialdemokraten für das dritte Quartal 2015.

Attraktiver Baugrund

In Sichtweite ist der erste kommunale Pflock eingeschlagen worden. Die Stadt hat drei Schrottimmobilien erworben und im April abreißen lassen, um Platz zu schaffen für eine viergruppige Kita und Seniorenwohnungen. „Gut, dass es los geht, dass endlich was passiert“, haben die Sozialdemokraten als Stimmung vor Ort ausgemacht.

Als Instrument der Revitalisierung Ückendorfs soll dabei die (von Stadt, Sparkasse und städtischer Wohnungsbaugesellschaft ggw) gegründete Stadterneuerungsgesellschaft (SEG) dienen. Sie wird in Bereichen aktiv, die besondere städtebauliche Fehlentwicklungen aufweisen und in denen private Akteure nicht tätig werden. Finanziell ausgestattet werden soll sie aus Verkäufen im Stadtnorden. Dort wird das Gelände der alten Kinderklinik Westerholt als attraktiver Baugrund entwickelt. Verkaufserlöse sollen in die SEG fließen, um sie für ihre Entwicklungsarbeit finanziell auszustatten . „Wir bereiten dort die Grundstücksübertragung für ein recht großes Areal mit bis zu 300 Wohneinheiten vor“, so Janine Feldmann von der Koordinierungsstelle Stadterneuerung

Völlig unrealistische Einschätzungen

„Eigentlich“, betont sie, „wollen wir ein Klima schaffen, in dem Eigentümer selber aktiv werden.“ Doch das sei bislang nicht gelungen. Im Gegenteil: Vielen Hausbesitzern fehlen, auch wegen wegbrechender Mieten, die Mittel. Oder sie sind zu alt, haben keine Erben, die am Besitz interessiert sind.

Fehlende Investitionsbereitschaft und rapide schwindende Attraktivität stellt Janine Feldmann von der Koordinierungsstelle Stadterneuerung fest, bedingen einander längs der Bochumer Straße.

Rund zehn Jahre Programm soziale Stadt Südost hätten im Grunde nicht gereicht, um bei Eigentümern einen Sinneswandel hervorzurufen, in ihre Immobilien zu investieren. Für Häuser im Viertel, so Feldmann, gäbe es kaum „ernsthafte private Erwerber, sie sind eher Spekulationsobjekte. Da wird satt Miete verlangt von Menschen, deren Lage ausgenutzt wird.“ Gleichzeitig würden viele Alteigentümer den Wert ihrer Immobilie völlig unrealistisch einschätzen.

Wirkung von kleinteiligen Projekten

„Wir reden hier über rund 300 Häuser. Bei etwa der Hälfte muss man richtig Geld in die Hand nehmen, um die zu renovieren“. Auf dem Weg zum angestrebten Kreativquartier versprechen sich die Stadtplaner Wirkung von kleinteiligen Projekten mit Signalcharakter, die neue Kraft ins Quartier bringen -- wie „Bastelhäuser“ für junge Familien. Beispiele hatte sich die SPD in Rotterdam angesehen.

Der Besuch des NRW-Generalsekretärs kam über den Kontakt zu Sandra Latzke zustande. Die SPD-Ratsfrau leitet eine Arbeitsgruppe zur Gelsenkirchener Stadtentwicklung und machte sie auch zum Studienthema ihrer Masterarbeit.