Gelsenkirchen. Freiwillig hat der Schulleiter Zeit draufgesattelt und zweieinhalb Jahre länger gearbeitet. Heute verabschiedet sich der 67-Jährige von seiner Schulgemeinde.

Von der „Reizgas-Affäre“ spricht heute keiner mehr. Aber der Vorfall führte 1992 sogar zu der Überlegung, die Schule zu schließen. In diesem schweren Fahrwasser übernahm Georg Altenkamp das Ruder. Ein Mann der Tat, der klaren Ansagen und als alter 68er der Überzeugung, dass jedem Kind seine Chance ermöglicht werden muss. Ein Mann aus dem Ruhrgebiet, der eigentlich Lehrer an der Polizeischule werden wollte (was nicht klappte). Bewusst hat er sich für die „große Vorbildschule“ im Berger Feld beworben.

Georg Altenkamp gehört zu einer seltenen Spezies: Er hat freiwillig zweieinhalb Jahre drauf gesattelt und wird erst heute, mit 67 Jahren, offiziell verabschiedet. Er hat Schiff und Mannschaft auf Kurs gebracht, hat noch zwei für ihn persönlich „ganz wichtige pädagogische“ Dinge realisiert: Inklusion und Internationale Förderklassen (IFÖ) für aktuell 70 rumänische Schüler. Auf beiden Feldern ist der scheidende Chef stolz und auch dankbar, dass sich die Lehrer an seiner Schule da mit eingebracht haben.

Gesamtschule als Sprachprüfungsschule

Schon vor zehn Jahren hatte er ganz bewusst beschlossen, in die Inklusion einzusteigen. In aller Ruhe und mit der notwendigen Zeit, Kollegen vorzubereiten und bauliche Maßnahmen durchzuführen. Von den rund 60 Schülern mit Handicap „sind die ersten jetzt in der Oberstufe angekommen“. Schule, davon ist er überzeugt, muss gesellschaftspolitischen Aufgaben und Herausforderungen gerecht werden. Auch, was die integrative Arbeit angeht.

Auch interessant

Sein Standpunkt hat Schule gemacht: „Man muss jungen Migranten die Sprache lassen. Wer keine Muttersprache hat, kann auch kein Deutsch lernen.“ Heute haben 20 Prozent der 120 Lehrer im Berger Feld Migrationshintergrund, zumeist türkische Wurzeln – das ist der höchste Anteil in NRW. Und: Die Gesamtschule ist zur Sprachprüfungsschule für türkischstämmige Leute aufgestiegen.

Die 23 Dienstjahre des 67-Jährigen in Gelsenkirchen sind gespickt mit Superlativen: DFB Eliteschule und Sportschule NRW, Schüler wie Manuel Neuer und Mesut Özil. Zwei Namen, zwei Protagonisten eines Konzepts, das Georg Altenkamp mit Bodo Menze, bis Ende 2013 Nachwuchskoordinator des FC Schalke 04, gemeinsam ausgeheckt haben. Nachdem der Schulleiter mit Blick auf das Parkstadion dachte: „Es kann doch nicht wahr sein, dass diese Schule in 20 Jahren noch keinen Kontakt zu dem Verein hat.“ Als der DFB später sein Konzept für die Nachwuchsarbeit formulierte, klopften sich zwei Gelsenkirchener grinsend auf die Schulter ... Das Lachen verging Altenkamp und seiner Schulgemeinde, als 2012 im Zusammenhang mit den Arena-Plänen die Standort-Diskussion für die „Leuchtturmschule“ losging. Auch in diesem Sturm hat er sein Schiff auf Kurs gehalten.