Gelsenkirchen. Mohammed Ibrahim und Samira Abdallah stammen aus Syrien. Seit 17 Jahren leben sie in Deutschland, wohnten zunächst in Cuxhaven, seit drei Jahren in Gelsenkirchen. Der Krieg in ihrer alten Heimat aber lässt dem Ehepaar keine Ruhe.

Mohammed Ibrahim und Samira Abdallah stammen aus Syrien. Seit 17 Jahren leben sie in Deutschland, wohnten zunächst in Cuxhaven, seit drei Jahren in Gelsenkirchen. In Deutschland sind vier ihrer sechs Kinder geboren. Die Familie fühlt sich in Gelsenkirchen „angenommen“, die beiden ältesten Kinder sind in Beruf und Studium. Der Krieg in ihrer alten Heimat aber lässt dem Ehepaar keine Ruhe. „Unser Leben ist dort, wir haben dort Verwandte, unsere Freunde“, sagt Samira Abdallah. In ihrer Heimat arbeitete sie als Arabischlehrerin, ihr Mann war Kaufmann.

Schon sechs Mal nach Kobane

Das Ehepaar verfolgt rund um die Uhr die Nachrichten, wenn die Kinder Essen stehen oder das Licht brennen lassen, mahnen die Eltern: Denkt an Kobane. „Für uns ist es schwer, wir sind im Herzen immer bei den Menschen dort“, sagt Mohammed Ibrahim. Kobane, das ist für die Familie das Synonym der Befreiung. Deshalb unterstützen sie jede Hilfe, die der Bevölkerung dort ein einigermaßen menschenwürdiges Leben ermöglicht.

Reicht unsere Hilfe aus? Und werden unsere Angehörigen überleben? Das sind Fragen, die die Familie bewegen. Ihr Leben hat sich seit Ausbruch des Krieges verändert, ist geprägt von Angst und dem Gefühl ohnmächtig zu sein. Trotzdem versuchen sie alles, um ihren Landsleuten irgendwie zu helfen.

Hilfstransporte müssen tagelang an der türkischen Grenze warten

Schon sechs Mal ist Mohammed Ibrahim in seine alte Heimat gereist. Unter Lebensgefahr. Dass er auch die deutsche Staatsbürgerschaft hat, verschweigt er lieber. Zu groß ist die Angst, nicht mehr zu seiner Familie zurück zu können. Warum er sich trotzdem auf den gefährlichen Weg macht? Er hilft in Nordsyrien, dass die Hilfe aus Deutschland auch richtig ankommt. Es ist aber wohl auch der Traum von einem zukünftig autonomen Staat der insgesamt 40 Millionen Kurden mit den drei Provinzen Jazira, Kobane und Afrin im Norden Syriens. „Eine Region mit großer Wirtschaftskraft und der großen Chance, ein demokratisches System aufzubauen“, beschreibt Ibrahim sie.

Zuletzt war er im April 2015 in Kobane. Was ihn erschüttert hat, sind die vielen hochmodernen Waffen, über die die Isis-Kämpfer verfügten und die Tatsache, dass 80 Prozent von ihnen aus europäischen Ländern stammten. „Wie kann es sein, dass allein 170 Isis-Leute aus Großbritannien kommen?“

Kritik gibt es vor allem an der Türkei. Es gehe vorrangig um einen humanitären Korridor, den die Türkei öffnen müsse. Hilfstransporte für Kobane, wo 80.000 Menschen ohne fließendes Wasser, ohne Kanalisation und ohne Strom lebten, müssten tage- und wochenlang an der türkischen Grenze ausharren, während Isis-Kämpfer frei passieren könnten. Mohammed Ibrahim sieht sich als Europäer, er fürchtet um den Frieden in Westeuropa. „Irgendwann“, sagt er, „kommen diese Terroristen nach Europa zurück. Und dann?“

Benefizveranstaltung für Kobane

Von der Initiative „Medizinische Hilfe für Kobane/Rojava“ wurden bisher Sach- und Geldspenden in einem Wert von insgesamt ca. 30.000 Euro gesammelt. Darunter sind Ultraschall- und EKG-Geräte, eine komplette Ausrüstung für einen OP-Saal, große Mengen an Verbandsstoffen und Medikamenten. Der Transport nach Rojava wird von dem kurdischen Roten Halbmond organisiert. Eine erste Lieferung wurde vor einigen Wochen auf den Weg gebracht, die zweite steht zur Abholung bereit.

Ein Transport mit Handwerksgerät wird zur Zeit in der Region zusammengestellt. Das Werkzeug wird gebraucht, um das zu 80 Prozent zerstörte Kobane wieder aufzubauen. Aus Gelsenkirchen beteiligen sich Freiwillige am Aufbau eines Gesundheitszentrums. Sie werden am Samstag, 6. Juni, im Rahmen einer Benefizveranstaltung mit Musik und Essen (10 bis 24 Uhr, Horster Mitte, Schmalhorststr. 1) verabschiedet. Dort kann den ganzen Tag über noch Werkzeug abgegeben werden.