Gelsenkirchen. . Wo beginnt sexuelle Anmache am Arbeitsplatz? Die Grenzen sind schwammig. Zwei Gelsenkirchenerinnen erzählen von ihren Erfahrungen.

Anzügliche Witze, begehrliche Blicke, unpassende Berührungen. Sexuelle Belästigung scheint in deutschen Firmen genauso dazu zu gehören wie Überstunden. Laut einer aktuellen Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, ist jeder zweite Arbeitnehmer betroffen. „In Gelsenkirchen ist das Phänomen offenkundig nicht auffällig. Aber es ist grundsätzlich ein Thema, dass nur schwer vom Dunkeln ins Helle kommt“, sagt Polizeisprecher Torsten Sziesze. Und Gleichstellungsbeauftragte Gaby Schäfer meint: Die Grenzen sind schwer zu ziehen und die Eigenwahrnehmung spielt häufig eine große Rolle.“ Doch das Thema sei auch in Gelsenkirchen präsent.

Das klassische Exempel: Vorgesetzter wirbt um junge Angestellte, die jedoch keinerlei Interesse hat. So auch bei den Gelsenkirchenerinnen Maxin Müller (19) und Caro Schneider (26) (Namen von der Redaktion geändert) geschehen.

„Ich dachte immer, ich reagiere tough, wenn mir so etwas passiert. Aber ich war wie erstarrt, konnte gar nichts sagen und habe an mir selbst gezweifelt“, erinnert sich Maxin Müller.

"Ich habe mich so dreckig gefühlt"

Sie arbeitete als Promoterin regelmäßig für eine große Firma. Als der Chef wechselte, bekamen die Mädchen neue Kleider. „Da kamen dann immer Sprüche von ihm, wie schön ich aussehe und dass ich mich mal drehen soll. Das war schon sehr unangenehm und peinlich. Er ist um die 60 und könnte mein Opa sein.“ Immer wieder stellte er sich neben das hübsche Mädchen, kam ihr beim Sprechen sehr nah und legte den Arm um ihre Hüfte. Irgendwann wurde es ihr zu viel. „Als ich Feierabend gemacht habe, hat er vor allen gefragt, ob er mir beim Ausziehen helfen soll. Am gleichen Abend hat er mich beim Abschied an sich gezogen und auf die Wange geküsst. Ich habe mich so dreckig gefühlt.“

Die 19-Jährige hatte Angst, falsche Signale gesendet zu haben. „Dann habe ich letztlich gekündigt. Ich konnte nicht mehr dahin gehen. Aber ich konnte auch nichts sagen, wollte keinen Stress. Ich hoffe einfach, mir passiert so etwas nie bei meiner festen Arbeitsstelle. Keine Ahnung was ich tun würde.“

Ein Kuss auf die Schulter

Caro Schneider ist Azubi in einem Autohaus. Mit ihrem direkten Vorgesetzten verstand sie sich eigentlich immer gut, bis er ihr bei einem Firmenevent unerwünscht nahe kam. „Wir waren beim Public Viewing und hatten ein bisschen getrunken. Als Deutschland ein Tor schoss, küsste er mich ganz plötzlich einfach zwischen Schulter und Nacken. Alle haben es gesehen, es war mir total peinlich und ich wusste nicht was ich machen sollte.“ Aus Scham und Angst, den Job zu verlieren, entschied sie sich, nichts zu tun. „Ich hätte ihm wirklich gerne etwas gesagt, aber ich möchte übernommen werden und befürchte, mir dadurch einen Strick zu drehen. Ich achte jetzt darauf, möglichst Abstand zu ihm zu halten.“