Berlin. Die Hälfte aller Beschäftigten in Deutschland hat sich am Arbeitsplatz schon einmal sexuell belästigt gefühlt – auch zwölf Prozent der Männer.
Ein zotiger Witz, eine nicht ganz so zufällige Berührung - sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz hat jeder zweite Beschäftigte in Deutschland schon selbst erlebt. Nach einer am Dienstag veröffentlichten repräsentativen Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist fast jede fünfte Frau schon einmal gegen ihren Willen von Kollegen berührt worden. Auch zwölf Prozent der Männer berichteten von unerwünschter körperlicher Annäherung. Als sexuelle Belästigung gelten aber auch anzügliche Bemerkungen oder das Zeigen von Nacktbildern.
Gemäß der Studie läuft die Belästigung von Männern meist auf der gleichen Hierarchiestufe ab. "Bei weiblichen Opfern sexueller Belästigung gibt es häufiger ein Hierarchiegefälle zwischen Täter und Opfer", stellte Frank Faulbaum vom Sozialwissenschaftlichen Umfrageinstitut der Universität Duisburg fest.
Menschen nehmen Belästigung ähnlich wahr
Seine Studie zeigt auch, wie unterschiedlich Menschen sexuelle Belästigung wahrnehmen. Immerhin 13 Prozent der Männer gaben an, aus ihrer Sicht seien Sprüche wie "Setz dich auf meinen Schoß" gar keine Belästigung. Das sahen auch acht Prozent der Frauen so.
Die Ergebnisse der Befragung fließen ein in die Arbeit einer von der Antidiskriminierungsstelle berufenen Expertenkommission. Vorsitzende sind die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, Jutta Allmendinger, und der ehemalige Berliner Bürgermeister, Klaus Wowereit.
Die Kommission soll bis Dezember Gesetzesänderungen und andere Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung im Job vorschlagen. Dazu könnte laut Allmendinger eine Verlängerung der Zweimonatsfrist gehören, die bei der Anzeige derartiger Vorfälle gilt. Gerade Frauen, die sich in einem beruflichen Abhängigkeitsverhältnis befinden, schrecken meist davor zurück, Belästigungen zu melden.
Wowereit sagte auf die Frage, was ihn für den Vorsitz der Kommission qualifiziere, er bringe seine berufliche Erfahrung als Arbeitgeber ein. Außerdem gab er zu bedenken: "Ich habe ja jetzt auch Zeit." (dpa)