Gelsenkirchen. Rivalität ja – Gewalt nein: Unter diesem Motto stand das gemeinsame Projekt von Schülern und Fans aus Schalke und Dortmund am Vortag des Revierderbys.

Ein lausig kalter Wind pfeift den jungen Leuten um die Ohren. Nur Judith Glas, Sozialpädagogin und Arena-Kennerin, scheint abgehärtet. Munter erzählt sie den bibbernden Jugendlichen, was man über die Arena und den neuen „heiligen Schalker Rasen“, der zurzeit auf der 11.000 Tonnen schweren Rasenwanne ausgerollt wird, wissen muss.

Aus den Zuhörerreihen blitzt es vereinzelt gelb-schwarz unter den Jacken hervor. Dafür haben sich andere den Knappenschal fest um den Hals gelegt. Schalke meets Dortmund: Am Vortag der 86. Begegnung zwischen den Erzrivalen aus dem Revier haben die Projekte Schalke macht Schule und BVB Lernzentrum zum außerschulischen Bildungstag eingeladen. Schüler der Theodor-Heuss-Realschule aus der „verbotenen Stadt“ und der Gesamtschule Berger Feld haben sich vor wenigen Minuten im großen Stehkreis vor dem Museumsaufgang getroffen und pilgern nun in zwei gemischten Gruppen durch die heiligen, kalten Halten. Sie tun das mit der klaren Zielvorgabe: „Rivalität ja – Gewalt nein“.

Treffen in Dortmund beendet den Tag

Das ist das Motto des Treffens, das Martin Weijers, der Leiter des Schalker Projekts, und sein Dortmunder Pendant Johannes Böing zum zweiten Mal vorbereitet haben. Zum Tag, der gemeinsam auf Schalke beginnt und am Nachmittag in Dortmund endet, gehören Workshops. Sie behandeln Alltagssituationen und Zivilcourage, sollen Kompetenzen vermitteln. Und im besten Fall dazu beitragen, dass die „Vollpfosten auf beiden Seiten“, wie Judith Glas renitente Anhänger nennt, irgendwann Geschichte sind.

Die 15- und 16-Jährigen haben keine Berührungsängste. Aus dem Bus, der die Gäste aus der morgigen Derby-Hauptstadt bringt, steigt sogar ein Schalke-Fan. Marvin (15) mit dem blau-weißen Bekennerschal ist relaxed. „Klar, nach ‘ner Niederlage am Wochenende gibt’s montags in der Schule schon Sprüche. Wann Schalke das letzte Mal deutscher Meister war, fragen die anderen dann.“ Marvin grinst. Genauso wie Migel (15) vom Berger Feld. „Aber das ist auszuhalten“, sagt der Borussen-Fan schlicht.

Kleine Nachhilfe in Bergbaukunde

„Schnick, Schnack, Schnuck ...“ Ohoh, böses Omen: BVB-Kristina (16) schlägt S04-Lena (15). Aber: Ist ja nur eine Generalprobe, der Stimmung tut’s keinen Abbruch. Laola-Club, Mannschaftskabinen, dann erst der Tunnel, durch den die Spieler einlaufen – die Schalker Knappen nehmen immer die rechte Seite – das alles ist spannend für jeden, der es noch nicht kennt. Judith Glas gibt unterwegs ein wenig Nachhilfe in Bergbaukunde. Andersherum wussten die jungen Gelsenkirchener Fans des Kumpel- und Malocherclubs bis zu diesem Freitag vielleicht nicht, dass in Dortmund der Ärger der Kirche über die sonntägliche Fußlümmelei mit Schweineblasen mit zur Gründung der Schwarz-Gelben beigetragen hat.

Endstation des Rundgangs ist, wie im echten Leben, der Medienraum im Untergeschoss. „Pressekonferenz“. Die Dortmunder rollen einen Schal aus: gegen Rassismus. Damit ist das Wichtigste gesagt.

Verhaltenstipps für couragiertes Auftreten

Nach der gemeinsamen Besichtigung trennten sich gestern die Wege der Schüler: Die Dortmunder blieben, die Gelsenkirchener fuhren in die Heimat des BVB, um sich dort das Stadion anzuschauen, in dem die Knappen heute ran müssen. Im theoretischen Teil wurden den Schülern konkret umzusetzende Verhaltenstipps für den Notfall vermittelt, damit die jungen Leute in gewalttätigen Situationen (die sich keiner wünscht) rund um das Spiel zivilcouragiert eingreifen können.

Als sichtbares Ergebnis des gemeinsamen Tages sollte gestern Nachmittag vor der Nordtribüne des Signal-Iduna-Parks ein von den Schülern im Laufe des Treffens gestaltetes Plakat mit dem Schriftzug „Rivalität ja – Gewalt nein“ vorgestellt werden.