Gelsenkirchen. Klaus Dieter Weber führt ein Leben hinter Mauern, die sein und das Leben anderer schützen sollen. Ausgang ist nur in Begleitung bewaffneter Soldaten möglich. Auf Anordnung der Regierung. Aber: Weber ist Überzeugungstäter in bestverstandenem Sinne; er hat dieses Leben freiwillig gewählt. Der 59-jährige Arzt leitet seit fünf Jahren die chirurgische Abteilung des christlich geführten Christian Hospitals in Tank, einem Ort in Pakistan, 60 Kilometer von der afghanischen Grenze entfernt und – Taliban-Hochburg.
Klaus Dieter Weber führt ein Leben hinter Mauern, die sein und das Leben anderer schützen sollen. Ausgang ist nur in Begleitung bewaffneter Soldaten möglich. Auf Anordnung der Regierung. Aber: Weber ist Überzeugungstäter in bestverstandenem Sinne; er hat dieses Leben freiwillig gewählt.
Der 59-jährige Arzt leitet seit fünf Jahren die chirurgische Abteilung des christlich geführten Christian Hospitals in Tank, einem Ort in Pakistan, 60 Kilometer von der afghanischen Grenze entfernt und – Taliban-Hochburg.
Überzeugter Christ
Wenn er während eines Heimaturlaubs über sein Leben und die Arbeit in dieser angespannten Situation erzählt – wie etwa jüngst in der Christuskirche in Bismarck – schwingt nicht ansatzweise Angst in seiner Stimme. Er lächelt, wenn er sagt: „Das Krankenhaus ist mein Gefängnis.“ Was daran liegen mag, dass der Mediziner, der vor seiner Abreise in die unbekannte, gefährliche Region 21 Jahre lang als niedergelassener Arzt in Gelsenkirchen gearbeitet hat, in der ehrenamtlichen Tätigkeit seine Berufung sieht. Weber ist überzeugter Christ mit missionarischer Ader, sagt:„Mission ist in Gottes Weinberg.“
Ein Weinberg, in dem es auch mal 50 Grad warm ist
Und er zitiert immer wieder diesen biblischen Weinberg, wenn er sein Leben beschreibt. Der Weinberg, „in dem es manchmal ziemlich heiß ist. Im Mai, Juni herrschen hier 50 Grad.“ Weber lacht. Der Weinberg, zu dem täglich bis zu 200 ambulante Patienten pilgern, der Weber als einzigem Chirurgen im Hospital einen 24-Stunden-Dienst beschert, in dem Schwangere bei Platzmangel auch schon auf dem Boden ihr Kind zur Welt brachten. Der Weinberg, in dem der 59-Jährige, der sich selbst schmunzelnd als „Feld-, Wald- und Wiesen-Chirurg“ bezeichnet, Prostata- oder Hautkrebs-Operationen durchführt, Geburtshilfe leistet und tapfer gegen die weltweit höchste Kindersterblichkeit kämpft. Oft vergeblich.
Weber, den die Menschen dort Doktor Klaus rufen, hat zum Vortrag in der Christuskirche Bilder von Säuglingen mitgebracht, die anzuschauen schwer zu ertragen ist. Das Baby mit organischen Missbildungen – in Folge von Inzest. Das Baby mit Neugeborenen-Tetanus, einer Krankheit, die es nur in Pakistan gibt, wo die Taliban erfolgreich versuchen, Impfungen zu verhindern. Masern etwa überleben nach Webers Worten 70 Prozent der Kinder nicht. Er zeigt das Bild eines Winzlings mit verkratztem Körper. Die Großmutter hat den Enkel so zugerichtet, um sein Fieber zu senken. Weber: „Wir kämpfen dort gegen Dummheit und Aberglauben der Leute.“
Christen sind hochgeschätzt und gut bewacht
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Vom Aberglauben zum Glauben: Klaus-Dieter Weber erzählt seiner Zuhörerschar – darunter viele ehemalige Patienten des früheren Hausarztes – vom guten Verhältnis zwischen Christen und Muslimen im Krankenhaus. „Wir Christen sind hochgeschätzt.“ Vielleicht ist das der Grund, dass das Krankenhaus bestens bewacht ist – bis hin zur kurzen Morgenandacht um Acht. Vor der Tür zum Andachtsraum steht dann ein Soldat mit Gewehr im Anschlag. Zum Schutz, selbst innerhalb der Krankenhausmauern. Anordnung der Regierung. Akustisch wird das Wachpersonal ebenso wie alle Anderen bei bestimmten Anlässen vom Doktor unterhalten. Wenn er seine Trompete auspackt und spielt – wie in der Christuskirche.
Aber, wann erholt sich dieser Mann ohne ein Gramm Fett zuviel eigentlich, fragt man sich. Weber klärt lächelnd auf. Es gebe eine Sauna auf dem Krankenhausgelände. „Da bin ich samstags von 20 Uhr bis Mitternacht.“ Dann ist „Doktor Klaus“ mal nicht erreichbar. Der Mann, der sagt: „Ich kann dort den Menschen medizinisch helfen, aber ich verändere nichts an den Verhältnissen, an Korruption, Armut, an Hass und Gewalt zwischen den Taliban und der Polizei.“ Helfen wollen die Zuhörer in der Christuskirche wenigstens materiell: Die Kollekte ist für Webers Arbeit bestimmt.