Gelsenkirchen. Otto von Bismarck steht im Passionsbild in der Ev. Christuskirche als behelmter Hauptmann den Gekreuzigten zur Seite. Das Bild von Rudolf Schäfer kommt als Leihgabe ins Museum. Theologisch, so Pfarrer Dieter Eilert, „ist das Müll“.
Christus stirbt am Kreuz. Über ihm bricht dramatisch der Himmel auf. Links und rechts leiden die Schächer, die ihr Schicksal und ihre letzte Stunde mit dem Gottessohn teilen. Im linken Bild-Vordergrund stehen Maria und Jünger, von Entsetzen und Schmerz gezeichnet. Eine Kreuzigungsgruppe mit dem ikonischen Personal, naturalistisch in Szene gesetzt. Allein die Figur rechts im Vordergrund wirkt befremdlich in dieser Szenerie. Trutzig-stoisch steht ein Krieger im Bild: Mit Tunika und Soldatenmantel, Schwert und Stahlhelm, kühn entschlossen wie die Wacht am Rhein. Otto Graf Bismarck wurde hier als Hauptmann verewigt. Der eiserne Kanzler und Reichsgründer von 1871 steht am Hügel von Golgatha.
„Der Herr ist der rechte Kriegesmann“
Rudolf Schäfer hat die Kreuzigungsgruppe 1924 für den Kreuzweg in der Bismarcker Christuskirche gemalt. Das Gedankengut und der Stil seiner Zeit haben großformatig in der evangelischen Kirche überdauert. Jetzt geht Schäfers Passionswerk auf Reisen. Eine bekannte Adresse ist das Ziel: Unter den Linden 2 in Berlin. „Dort befindet sich das Deutsche Historische Museum“, erklärt Katharina Blätgen, die Pressesprecherin des Ev. Kirchenkreises Gelsenkirchen-Wattenscheid. Für die Ausstellung „Leben nach Luther – eine Kulturgeschichte des evangelischen Pfarrhauses“ wird das Gemälde für sechs Monate ausgeliehen.
„Der große Kampf“ und „Der Herr ist der rechte Kriegesmann“ steht unter dem Werk in der Kirche. An die Gefallenen und Toten des Ersten Weltkriegs erinnern auf dunklem Holz die Namen unter dem Bilderzyklus. „Theologisch ist das eine Katastrophe, ist das Müll“, sagt Pfarrer Dieter Eilert, aber historisch sei die Arbeit eben bedeutsam. Ein Denkmal. Rudolf Schäfer (1878-1961) war der bekannteste evangelische Kirchenmaler vor dem 2. Weltkrieg. Manche sehen seine Werke als „Inbegriff christlicher deutscher Kunst in der Nachfolge Dürers“, andere werten sie als üblen Kirchenkitsch. In der Weimarer Republik wurde er ebenso gewürdigt wie später in der NS-Zeit und schließlich in der Bundesrepublik: 1958 bekam er das Bundesverdienstkreuz verliehen.
Aus Berlin kam die Anfrage, das Bild für die Ausstellung auszuleihen. Das Presbyterium der Apostel-Kirchengemeinde Gelsenkirchen hat dem Ansinnen zugestimmt. Und so wird das Bild vom 25. Oktober 2013 bis zum 2. März 2014 im Museum zu sehen sein.
Die Kreuzigungsszene aus der Christuskirche soll nun in Berlin auch den Zeitenwandel illustrieren. „Das evangelische Pfarrhaus, über die Jahrhunderte hinweg Identität stiftendes Zentrum des Protestantismus, befindet sich im Umbau. Neue Arbeitsmodelle, pluralisierte Lebensformen, schrumpfende Gemeinden und veränderter Religionsvollzug stellen das „Pfarrhaus“ – Beruf, Berufung und Lebensform – vor große Herausforderungen“, schreibt das Deutsche Historische Museum zur Ausstellung, die auf 1000 Quadratmetern Fläche den Blick zurück richten wird. Betrachtet werden Anfänge, Entwicklung und Veränderungen in Verbindung mit deutscher Geschichte.