Gelsenkirchen. Schalke und Schulden, irgendwie ein Dauerthema. Laut Manager Horst Heldt hat der Verein jedoch seit Juli 2010 gut 80 Millionen Euro abgebaut.
Der FC Gelsenkirchen-Schalke 04 steht wie kaum ein anderer in der Bundesliga für Liebe und Tränen, für Jubel und Trubel, für Herzensmeisterschaften und Tradition. Nicht von ungefähr sagen die Anhänger der Königsblauen voller Stolz: „Einmal Schalker, immer Schalker.“ Zumindest hier schlagen nie zwei Herzen in einer Brust. Sondern erst, wenn es um die Bewahrung des Vereins als Grundlage und die Integration moderner Unternehmensaspekte geht, um im Konzert der Fußball-Granden mitspielen zu können.
Leitbild: „Wir leben Dich“
Schalke hat sein Leitbild mit dem Titel „Wir leben Dich“ überschrieben. In mannschaftsstarken elf Punkten kommt dort zum Ausdruck, wofür Königsblau stehen will. Die Nummer eins bilden diese Worte: „Der Name unseres Vereins ist und bleibt Fußball-Club Gelsenkirchen-Schalke 04 e.V. Er ist und bleibt ein Verein im Sinne des deutschen Vereinsrechts.“ Die Passage ist ein Segen für die Fan-Seele und ein Fluch zugleich, wenn es um die finanzielle Aufstellung für den Wettbewerb Fußball geht, der zum Erfolg verdammt, wenn man höhere Ziele als Mittelmaß formulieren will.
Nicht von ungefähr heißt es also, Geld in die Mannschaft zu investieren. Das machen die Bayern traditionell. Ihr konstanter sportlicher Erfolg ist die Basis für wirtschaftliche Nachhaltigkeit – gekoppelt mit modernen Elementen. Dazu gehört etwa die FC Bayern München AG, eine Aktiengesellschaft und Tochtergesellschaft des Fußballvereins FC Bayern München. Aktionäre sind die Unternehmen Audi, Adidas und Allianz SE. Die AG betreibt insbesondere die professionelle Fußballabteilung mit der Besonderheit, dass ihre Aktien nicht an der Börse gehandelt werden.
Fundament festigen
Von solchen Strukturen ist Schalke 04 weit entfernt. Laut Deloitte, das Unternehmen erbringt Dienstleistungen aus den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Consulting und Corporate Finance für Unternehmen und Institutionen aus allen Wirtschaftszweigen, belegen die Königsblauen in der aktuellen Tabelle der 20 umsatzstärksten Fußballvereine Platz 14 mit 213,9 Millionen Euro. Bayern liegt mit 487,5 auf Rang drei und ist Lichtjahre enteilt. Auch der BVB, Tabellenelfter, hat angesichts von 261,5 Millionen Euro Umsatz einen gewaltigen Vorsprung auf die Königsblauen, die zwar mit geradezu beängstigender Konstanz keinen nationalen Meistertitel einheimsen, aber seit Jahren mit hoher Regelmäßigkeit am internationalen Wettbewerbsbetrieb teilnehmen.
Schalke findet kein Mittel gegen Köln
Dieses Fundament wollen die Schalker Verantwortlichen festigen. Mit Geld, natürlich. Der mächtige Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies sagte gegenüber dem Magazin „Sport Bild“: „Wir wollen nicht kurzfristig den Personal-Etat erhöhen. Doch Fakt ist: Geld schießt Tore.“ Wer den Mann kennt, der weiß, das ist mehr als nur dahergesagt. Denn es gilt der Grundsatz: Um dauerhaft in der nationalen und internationalen Fußball-Spitze mithalten zu können, muss der FC Schalke 04 sukzessive das Niveau der Spielergehälter anheben. Finanz-Vorstand Peter Peters gab bei der Vorstellung der Konzernbilanz für das Jahr 2013 an, dass die Ausgaben des Revierclubs für den Lizenzspielerbereich bei knapp 85 Millionen Euro lägen, während sie für die Schalke-Gruppe insgesamt an die 100 Millionen-Euro heranreichen.
Was bleibt, ist diese Erkenntnis: Für die Bundesliga ist viel Geld da, doch im Vergleich mit europäischen Topclubs ist das ein eher bescheiden anmutendes Profi-Budget.
32 Millionen Euro eingenommen
Dabei müsste es doch finanziell bergauf gehen mit Königsblau. Im dritten Jahr in Folge ist der Verein in der Champions League vertreten und bedient sich damit an den gut gefüllten Fleischtöpfen des europäischen Fußballs. In jedem Jahr überstand die Mannschaft die Gruppenphase. Allein für die laufende Saison werden die Einnahmen aus der „Königsklasse“ zum Winter mit 32 Millionen Euro angegeben.
Denkbar wäre ein Mehr an Investition in den Profifußball, das aber würde S04 mit Blick auf die Tilgung seiner Finanzverbindlichkeiten nicht gerade besser aufstellen.
Da passte es ins Schalker Wirtschaftsbild, dass Horst Heldt, Vorstand Sport und Kommunikation, den Journalisten in der einsetzenden Adventszeit in die Blöcke diktierte, dass der Verein seit seinem Einstieg als Manager im Juli 2010 rund 80 Millionen Euro Schulden abgebaut habe. Den Beleg dafür blieb Heldt bei seinem Ablenkungsmanöver von sportlichen Unzulänglichkeiten (Chelsea-Pleite) schuldig. Auch vergaß er zu erwähnen, dass er bis zur Entlassung von Felix Magath im März 2011 noch deutlich in dessen Schatten stand.
Öffentlich nicht nachvollziehbar
Schalkes Finanz-Vorstand Peter Peters knirscht auch eher mit den Zähnen, wenn das Thema aufkommt. Nicht etwa, weil Heldt etwas sagte, sondern weil er konkrete Zahlen nannte, die öffentlich nicht nachzuvollziehen waren.
Die Spurensuche ergab: Das testierte Konzernergebnis aus dem Jahr 2009 weist Finanzverbindlichkeiten in Höhe von 227,8 Millionen Euro aus. Das aus 2013 noch 177,1 Millionen Euro. Differenz: gut 50 Millionen Euro. Zum Ende des ersten Geschäftshalbjahres 2014 sanken die Schulden auf 170,5 Millionen Euro. Das ergibt einen nachvollziehbaren Abbau in vier Jahren von gut 57,3 Millionen Euro. Bleibt bis zur heldtschen Variante eine Lücke von gut 23 Millionen Euro.
Klassischer Abbau von Krediten
Was also betrachtet der FC Schalke 04 als Finanzverbindlichkeit? Die Frage beantwortet Peter Peters: „Wir zahlen Geld zurück, das wir uns geliehen haben. Es handelt sich um den Abbau von klassischen Finanzverbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten und stillen Gesellschaftern sowie Geld aus Anleihen.“
Nun muss man wissen, dass Schalke schon zum Amtsantritt von Horst Heldt vereinsintern von einem anderen Schuldenstand ausging als öffentlich bekannt war. Die Finanzverbindlichkeiten betrugen beim Magath-Abgang 245,9 Millionen Euro; eine Zahl, die Peters bestätigte.
Sie setzte sich im Wesentlichen zusammen aus Anleihen in Höhe von 75,4 Millionen Euro und aus Verbindlichkeiten bei Kreditinstituten von 83,5 Millionen Euro. Dazu kommen weitere Positionen, die in Summe 44,9 Millionen Euro ergeben. Das Darlehen der Stadtwerke Gelsenkirchen (ehemals GEW) taucht an dieser Stelle auf.
Stille Beteiligung
Eine weitere Verbindlichkeit ist die stille Beteiligung der Stadt Gelsenkirchen in Höhe von 10,2 Millionen Euro, alljährlich im Konzernbericht genannt. Die passiven Rechnungsabgrenzungsposten (Erträge des neuen Jahres, die im alten Jahr bereits Einnahmen sind) betrugen im April 2010 gut 23,1 Millionen Euro. Macht in Summe 237,1 Millionen Euro und damit zehn Millionen mehr als in der Konzernbilanz 2009 ausgewiesen war. Die Differenz zur von Peters bestätigten Zahl beträgt noch 8,8 Millionen Euro und errechnet sich im Recherche-Ergebnis aus einer königsblauen Verbindlichkeit mit Kontokorrentlinie. Was umgangssprachlich nicht anderes ist, als dass der Verein einen Dispo-Kredit bedienen musste.
Die Finanzverbindlichkeiten ergaben damit im April 2010 rund 245,9 Millionen Euro.
Laut Peters hatte Schalke im Juni 2014 noch Schulden in Höhe von 171,0 Millionen Euro und damit auf dem Niveau der veröffentlichen Halbjahresbilanz (siehe Tabelle).
Zwar sind die 80 Millionen Euro, die Horst Heldt nannte, damit nicht vollständig erreicht, doch in einer Übersicht der S04-Gruppe taucht unter dem Strich ein Abbau von Finanzverbindlichkeiten in Höhe von 74,9 Millionen Euro auf.