Gelsenkirchen. Der Einladung der Stadt Gelsenkirchen, gemeinsam den „Gelsenkirchener Appell“ voranzubringen, folgten am Freitag die Städte Offenbach, Halle an der Saale und Frankfurt/Oder.
Der Gelsenkirchener Appell ist das lokale Modell, um Langzeitarbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Lange Zeit sah es so aus, als würde, abgesehen von hehren Zielen, die im Sommer 2012 überparteilich formuliert wurden, nichts weiter geschehen.
Auch das Programm, das Bundesarbeitministerin Andrea Nahles im November 2014 für die Unterstützung von Langzeitarbeitslosen auflegte, verlor schnell seinen Hoffnungsschimmer. Spätestens als sich andeutete, dass es nicht tatsächlich dazu geeignet ist, dem Gelsenkirchener Appell einen entscheidenden Anschub zu verleihen.
Programm nicht ausfinanziert
Irene Mihalic, lokale Bundestagsabgeordnete der Grünen, teilte schon früh mit, dass das Nahles-Programm aus Sicht ihrer Partei nicht auskömmlich finanziert sei und sich maximal dazu eigne, mit der Gießkanne übers Land zu gehen. Nicht aber, um Kommunen, denen es schlecht geht, die mit besonderen sozialen Verwerfungen umgehen müssen, tatkräftig unter die Arme zu greifen.
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Wolfgang Heinberg, Fraktionsvorsitzender der CDU im Rat der Stadt, geht noch einen Schritt weiter. Seiner Meinung nach „hat Frau Nahles das Modell doch nicht verstanden, als sie am 16. Mai passend zur Kommunalwahl in Gelsenkirchen war“. Danach, so der Unions-Politiker, habe es nicht mehr gegeben als das berühmte Schweigen im Walde. Und Heinberg legt nach: „Wer sich mit dem ESF-Bundesprogramm für Langzeitarbeitslose auseinandersetzt, der stellt schnell fest, dass es sich um ein echtes Verhinderungsprogramm handelt.“
Als Beleg führt der Christdemokrat ein Papier von Reiner Lipka, Geschäftsführer des Integrationscenters für Arbeit (IAG) Gelsenkirchen ins Feld, das aus Januar 2015 stammt. Dort steht zu lesen: „Die politische Intention, für die Vielzahl der Langzeitleistungsbezieher ein Förderinstrument anzubieten, wird nicht erreicht.“ Die Langzeitarbeitslosigkeit werde durch die Anwendung der Auslegungsregeln wegdefiniert, obwohl die Menschen weiterhin Langzeitleistungsbezieher seien und arbeitsmarktrechtlich betrachtet Kandidaten für das Förderprogramm wären.
Nichts als heiße Luft aus Berlin?
Idee ist lebendig
Die Ansätze zur Verwirklichung des Modellprojekts geben Günter Pruin, Geschäftsführer der SPD-Ratsfraktion, Anlass zur Hoffnung: „Die Idee ist lebendig wie eh und je. Das beweist nicht zuletzt das Treffen von vier Städten, die besonders von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind, am Freitag bei Sozialdezernenten Karin Welge.“
Die Vorgaben für die Umsetzung des Appells, die Sozialpfarrer Dieter Heisig in seiner Einladung für eine Veranstaltung am 4. Februar angesprochen habe, würden von der SPD-Ratsfraktion unterstützt. Pruin: „Wir wollen über die ESF-Mittel hinaus ein Programm, dass Langzeitarbeitslosen in unserer Stadt eine nachhaltige Perspektive bietet. Gelingen kann dies aber nur, wenn Nahles ihre Initiative auf eine hundertprozentige Förderung ausweitet und entsprechende Kriterien aufnimmt und Wolfgang Schäuble dies finanziell ermöglicht.“ Aus der SPD-Fraktionssitzung kam am Montag dieses Statement von Lutz Dworzak, dem sozialpolitischen Sprecher: „Wir sind erfreut, dass es konkret vorwärts geht mit dem Gelsenkirchener Appell und die Arbeitsministerin ihr neues Programm unter Beteiligung der zehn besonders betroffenen Städte konkretisieren kann.“
Gemeinsam auftreten
Aus Sicht von Gelsenkirchens Sozialdezernentin war es ein „sehr zielorientiertes und erfolgreiches Gespräch“. Der Einladung der Stadt Gelsenkirchen, gemeinsam den „Gelsenkirchener Appell“ voranzubringen, folgten am Freitag die Städte Offenbach, Halle an der Saale und Frankfurt/Oder, die ebenfalls stark mit den Problemen der Langzeitarbeitslosigkeit konfrontiert sind. Weitere Städte hätten ihre Beteiligung zugesagt, hieß es aus dem Hans-Sachs-Haus, sie hätten aber diesen Termin nicht wahrnehmen können.
Einig waren sich die Vertreter der Kommunen offenbar darin, dass der vorhandene Instrumentenkatalog bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit nicht ausreiche. Daher wollen sie nun gemeinsam aktiv werden und eigene Vorschläge für einen sozialen Arbeitsmarkt erarbeiten, um den Menschen zu helfen, die aus eigener Kraft langfristig keine Chance auf einen Zugang zum ersten Arbeitsmarkt haben. Dabei sollen die Programme auch die Wohn- und Lebensverhältnisse in den betroffenen Kommunen verbessern. Das Programm soll die Menschen durch langfristige Teilhabe am Arbeitsmarkt auf eine andauernde Beschäftigung vorbereiten.
Unter dem Namen „Gelsenkirchener Appell“ wollen die beteiligten Städte gemeinsam auf Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) zugehen und ihre Ideen und Vorschläge für das von der Ministerin angekündigte Programm „Chancen eröffnen – soziale Teilhabe sichern“ erarbeiten. Dabei komme es den Städten darauf an, schon im Entstehungsprozess aktiv mitzuwirken. Ein entsprechendes Vorgehen sei vereinbart worden.