Gelsenkirchen. Die Haus- und Facharztversorgung in Gelsenkirchen ist gut, sagt der neue Leiter der Bezirksstelle der Kassenärztlichen Vereinigung WL, Dr. Klaus Rembrink.

Die Versorgung mit Haus- und Fachärzten ist in Gelsenkirchen zur Zeit gut, versichert der neue Bezirksstellenleiter für die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten, Dr. Klaus Rembrink. Er vertritt 650 in Gelsenkirchen und Bottrop niedergelassene Ärzte für die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). Was viele von ihnen in diesen Tagen besonders beschäftigt, ist die seit Januar verpflichtende elektronische Gesundheitskarte. Die ist zwar seit zwei Jahren vorbereitet von den Krankenkassen. Doch viele Patienten haben nicht reagiert und somit noch immer keine gültige Karte.

„Eigentlich können und dürfen wir ohne diese Karte kein Rezept ausstellen und keine Überweisung schreiben. Wenn aber ein Patient Hilfe braucht, behandelt man ihn natürlich trotzdem. Wir rufen die Krankenkasse an, um die Nummer des Patienten zu erfragen. Ein großer Aufwand,“ klagt Rembrink. Eigentlich müsste die Behandlung ohne die Karte über privat abgerechnet werden. Wenn der Patient die Karte nachreicht, muss die Privatrechnung rückgebucht werden.

„Doppeluntersuchungen gibt es auch ohne Gesundheitskarte kaum“

„Es gibt viel Bürokratie und viele Dokumentationsvorschriften, die uns Zeit kosten,“ klagt Rembrink. Den Nutzen der Karten bezweifelten ohnehin viele: „Abgesehen von Blutbildern, die wenig kosten, gibt es kaum Doppeluntersuchungen, die ja mit der Karte verhindert werden sollen. Röntgen- und MRT-Aufnahmen werden ohnehin nicht doppelt gemacht, sondern weitergereicht“, erklärt er. Zudem: Wenn der Patient der Speicherung seiner Untersuchungsdaten nicht zustimme, sei das sein gutes Recht und die Karte somit wenig hilfreich.

Rein rechnerisch ist die Stadt zu 120 Prozent versorgt – theoretisch

ELange angekündigt, trotzdem haben viele Patienten sich noch nicht drum gekümmert: die elektronische Gesundheitskarte sorgt derzeit  für viel bürokratischen Aufwand in Arztpraxen.
ELange angekündigt, trotzdem haben viele Patienten sich noch nicht drum gekümmert: die elektronische Gesundheitskarte sorgt derzeit für viel bürokratischen Aufwand in Arztpraxen. © dpa

Übrigens: Rechnerisch ist Gelsenkirchen sogar überversorgt mit Ärzten: „Nach der offiziellen Formel haben wir in vielen Bereichen eine 120-prozentige Versorgung. Faktisch ist das übertrieben, aber es gibt aktuell keine größeren Engpässe,“ betont Rembrink. Eine Ausnahme bildeten Neurologen und (Kinder-)Psychiater. Hier gebe es faktisch zu wenige. „Die Berechnungsgrundlagen sind sehr alt und nehmen auch keine Rücksicht auf die besonderen Bedürfnisse Gelsenkirchens. Da bräuchten wir mehr.“ Lange Wartezeiten auf Termine verursachten auch Patienten, die zu Terminen nicht erscheinen. „Aber die Akutbehandlung bekommen Patienten ja auch ohne Termin bei Bedarf. Ohne Termin müssen sie nur manchmal länger warten“, meint Rembrink.

Allerdings fürchtet er, dass die geplanten neuen Berechnungsgrundlagen für ärztliche Niederlassungen (die noch nicht beschlossen sind, die Red.) zu einer Reduzierung der Zulassungen vor Ort führen könnte.

Neue Berechungsgrundlage könnte zu Engpässen führen

Auf längere Sicht müsse man damit rechnen, dass es in einigen anderen Facharztbereichen einen größeren Bedarf geben wird, ist Rembrink überzeugt. „Die Menschen werden immer älter. In meinem Fachgebiet Urologie wächst mit dem Alter die Zahl der Probleme. Studien gehen von 20 Prozent mehr Patienten aus,“ so Rembrink. Viele Kollegen seien derzeit zwischen 55 und 65 Jahren. In absehbarer Zeit müsste es also einen Generationswechsel geben. Damit es auch dann keinen Mangel gibt, haben KVWL, Marienhospital und Bergmannsheil eine Aktion gestartet, die jungen Ärzten die Ausbildung nach der Uni in Gelsenkirchen schmackhaft machen soll (WAZ berichtete). In der Hoffnung, dass sie hierbleiben.

Wenn eine Praxis abgegeben werden soll, brauche es derzeit in Gelsenkirchen etwa zwei Jahre, bis alles über die Bühne ist. Ausschreibung, Anhörungen, Vergabeausschuss. Das gilt auch für Fälle, in denen Ärzte die Praxis an ihre Kinder übergeben möchten, wie kürzlich Rembrinks Vorgänger Dr. Werner Kirchberg, dessen Sohn Simon die Praxis übernommen hat. „Aber in solchen Fällen haben Praxismitarbeiter und Familienmitglieder Vorrang.“ Kompliziert werde die Praxisübergabe nur in Einzelfällen, etwa wenn nicht nur der Praxissitz, sondern die ganze Immobilie mit übernommen werden soll.