Gelsenkirchen. Die Impfquote bei den Risikogruppen in Gelsenkirchen ist deutlich höher. Sie liegt bei etwa 60 Prozent. Sorge: Die Nachfrage nach dem Schutz lässt nach.

Fortschritt liegt im Wandel, das Überleben oft in der schnellen Anpassung. Besonders gut darin sind Grippeviren, wie das Robert-Koch-Institut zuletzt festgestellt hat. Zwar wird stetig der Impfstoff angepasst, dennoch sind die Krankheitserreger ihren Häschern einen Schritt voraus. Folge: Der Impfstoff schützt weit weniger als erhofft. Das aktuelle Bild: „Die Praxis läuft über mit Patienten mit Erkältungsinfekten“, sagt Dr. Günter Lapsien. Er ist der Vorsitzende der Qualitätsgemeinschaft Praxisnetz Gelsenkirchen (QPG) – ein Zusammenschluss von 270 haus- und fachärztlichen Vertragsarztpraxen. Eine echte Grippe aber, also ein Influenza-Patient, so der Allgemeinmediziner weiter, sei ihm bislang nicht untergekommen.

Zum besseren Verständnis: Die echte Grippe wird oft mit einem grippalen Infekt verwechselt. Im Gegensatz zum noch weiter verbreiteten grippalen Infekt verschlechtert sich der Zustand bei einer echten Grippe nicht allmählich. Betroffene haben ganz plötzlich erhebliche Beschwerden mit hohem Fieber, trockenem Reizhusten, bohrenden Kopfschmerzen und akutem Schwächegefühl.

Derzeit keine Aufreger-Themen

Rund 300 Patienten behandeln Günter Lapsien und seine drei Kollegen derzeit täglich – es könnten deutlich mehr werden, „denn die echte Grippewelle ist erst in den kommenden Wochen zu erwarten.“ Der Arzt rät, seit er als junger Mediziner einmal selbst 14 Tage lang von Grippe heimgesucht worden war, zur Impfung: „Eine Impfung bietet nie einen hundertprozentigen Schutz vor einer Ansteckung. Sie kann aber das Risiko senken und den Krankheitsverlauf abmildern.“ Insbesondere für Risikogruppen – Ältere, Schwangere, chronisch Kranke (Asthma, Diabetes, Herz-Kreislauf-Beschwerden etc.) – sei dies dringend angeraten.

Die Nachfrage nach Impfungen hält sich derzeit noch in Grenzen. Laut Günter Lapsien ließen sich aktuell etwa ein Viertel der „normalen Patienten“ derartig versorgen, bei den Risikogruppen läge die Quote bei etwa 60 Prozent.

Belastbare Zahlen über die Impfquote in Gelsenkirchen gibt es nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen Lippe derzeit nicht: „Abgerechnet wird quartalsweise. Erst im Sommer 2015 dürfte daher die Zahl der Impfungen komplett erfasst sein“, sagte KVWL-Sprecherin Mona Dominas. Schweinegrippe und ähnliche Aufreger-Themen mit hoher medialer Beachtung gäbe es derzeit nicht. „Daher sorgen wir uns, dass die Impfbereitschaft weiter abnimmt“, so Dominas weiter. 2013 haben sich 44.000 Gelsenkirchener Bürger impfen lassen, 2011 waren es noch rund 48.000 – ein Rückgang um acht Prozent.

Viele Kontakte - viel Ansteckungspozenzial

Angehörige der Risikogruppen laufen Gefahr, dass es bei Infektion zu gefährlichen Komplikationen wie einer Lungenentzündung kommt. Menschen im Gesundheitswesen und dem kaufmännischen Bereich haben durch viele Kontakte hohes Übertragungs- und Ansteckungspotenzial.

In den Vorjahren hat die Grippewelle laut Robert-Koch-Institut meist im Januar begonnen und drei bis vier Monate angedauert.