Gelsenkirchen. Mit einer Matinee gab das Ballett im Revier am Gelsenkirchener Musiktheater erstmals vor einer Premiere Einblicke in den Probenprozess.
Die Großmutter dreht und windet sich, doch der Tod packt gnadenlos zu. In schwarzen Trainingsanzügen kreisen Tänzerin und Tänzer auf nackter Bühne athletisch in einem kraftvollen Pas de Deux zu gespenstischer Musik vom Band umeinander. Das Publikum hält den Atem an, denn es erhält spannende und exklusive Einblicke in eine außergewöhnliche Probenwerkstatt.
Mit kommentierten Ausschnitten aus der Produktion „Charlotte Salomon: Der Tod und die Malerin“ machte die Compagnie des Ballett im Revier am Sonntag informativ und anschaulich Lust auf mehr.
Rollenspiele mit Masken
Die Uraufführung der Produktion rund um Leben und Leiden einer jungen Künstlerin wird erst am 14. Februar im Großen Haus des Musiktheaters gefeiert. Mit unterschiedlichen Angeboten bereitet das Opernhaus das Publikum schon jetzt auf den Stoff vor. Am Sonntag erstmals mit einer Matinee. Musikmanager Florian König kündigte an, dass das Ballett dieses neue Format mit beredten Einblicken in den Entstehungsprozess einer Choreographie in Zukunft etablieren will.
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Eine vor Wochen im MiR-Foyer eröffnete digitale Ausstellung zu Leben und Werk der in Auschwitz ermordeten Malerin Charlotte Salomon flankiert bereits die Ballett-Produktion. Zudem wird demnächst im Kunstmuseum Bochum eine Ausstellung mit etwa 250 Originalen der Malerin zu sehen sein.
Anne Frank kennt jeder. Um das Schicksal von Charlotte Salomon weiß kaum jemand. „Schade“, fand bereits vor vielen Jahren die amerikanische Komponistin Michelle DiBucci. Sie inspirierte die US-amerikanische Ballettchefin Bridget Breiner zu einem theatralischen Gesamtkunstwerk aus Tanz, Gesang und Bild. Die Biografie der 1917 in Berlin geborenen und 1943 in Auschwitz ermordeten Malerin ist tragisch. „Dennoch erzählen wir keine Holocaustgeschichte“, sagt Ballettchefin Bridget Breiner, „sondern setzen uns auf die Spur einer Frau und ihrer Familie.“
Ein vielschichtiges Werk
In vor allem assoziativen Bildern. So werden Masken die einzelnen Figuren kennzeichnen, abstrakte Szenen Gefühlswelten skizzieren, Musikzitate und Texteinblendungen auf die Zeit verweisen. Mit den Händen formt ein Tänzer blitzschnell ein Hakenkreuz, mehr Nazisymbole aber werden sich nicht finden, sagt die Choreographin, die habe man zu oft auf Bühnen gesehen, das Grauen erschließt sich auch so. Ein vielschichtiges Werk, dem auf die Spur zu kommen Angebote wie die Matinee sicherlich helfen.