Gelsenkirchen. Sechs Lehrer unterrichten in der JVA Gelsenkirchen. Ihr Arbeitsplatz liegt hinter einer 5,50 Meter hohen Mauer und einem Sicherheitszaun. Bevor sie ihn betreten, passieren sie eine Sicherheitsschleuse. In ihre Klasse gehen Einbrecher, Gewalttäter, Drogendealer oder sogar Sexualstraftäter.
Ihr Arbeitsplatz liegt hinter einer 5,50 Meter hohen Mauer und einem Sicherheitszaun. Bevor sie ihn betreten, passieren sie eine Sicherheitsschleuse. In ihre Klasse gehen Einbrecher, Gewalttäter, Drogendealer oder sogar Sexualstraftäter: Roswitha Gottschlich (59), Dirk Conrad (59), Gudrun Stachorra (54), Jörn Wandrey (40), Katrin Dickopf (32) und Mareike Wacker (32) unterrichten hauptberuflich in der JVA Gelsenkirchen.
6,5 Stellen finanziert das NRW-Justizministerium in der JVA. Mathe, Deutsch (als Fremdsprache), Englisch, Sport, Informatik sowie Biologie, Geografie und Sozialwissenschaften stehen auf dem Stundenplan. Allgemeinbildung ist ein wichtiger Baustein für ein Leben „draußen“ ohne Kriminalität . Diese Brücke will die JVA den Gefangenen bauen. „Wir wollen die Gefangenen so vorbereiten, dass sie einen Schulabschluss nachholen, einen höheren erwerben können oder in eine Berufsausbildung gehen“, sagt JVA-Leiter Carsten Heim. Beides ist zwar nicht in Gelsenkirchen möglich, aber für aktuell 50 Schüler (davon neun Frauen) schafft das Lehrerteam die Voraussetzungen, eine Abschlussprüfung im Pädagogischen Zentrum der JVA Münster abzulegen bzw. eine Berufsausbildung in der JVA Geldern zu beginnen.
Kompetenzen heben und fördern
Der Tagesrhythmus für die Strafgefangenen an der Aldenhofstraße ist klar vorgegeben. „In der Regel haben sie Arbeit oder machen eine schulische Ausbildung“, erklärt JVA-Leiter Carsten Heim. Der Kernunterricht geht täglich von 8 bis 11.20 Uhr. Nachmittags stehen Einzel- und Förderunterricht, Familienseminare, PC-Kurse, Musikprobe, Redaktionskonferenz für das Video-Projekt „Podknast“, Hausaufgaben auf dem Programm.
„Es geht darum, persönliche, fachliche und soziale Kompetenzen zu fördern“, sagt Roswith Gottschlich. Die 59-Jährige analysiert im Deutschunterricht Gedichte und Kurzgeschichten, korrigiert Arbeiten, füllt Lernstandserhebungen aus oder diskutiert (wie gestern) mit den Gefangenen über das Attentat in Paris. Eigentlich aber findet sie, wenn auch nicht täglich, die Bestätigung, dass Bildung den Menschen bessern kann. „Es gibt soviel positive Erfahrung, soviel Interesse der Gefangenen an Themen, so viel Diskussion um Werte wie Gerechtigkeit und Toleranz.“ Dass die Lehrer dabei auch gegen die eigene Furcht kämpfen müssen, gehört zum Alltag. „Es hat natürlich seinen Grund, dass nur neun Schüler in einer Klasse sitzen“, sagt JVA-Leiter Heim. In heiklen Situationen können die Lehrer ein Signal am Schlüsselbund auslösen. Das sei auch schon zum Einsatz gekommen.
„Man ist einen Tick wachsamer“, räumen die drei jüngeren Lehrer ein. Mit ihrem Arbeitsplatz hinter Mauern sind sie zufrieden. Wenn auch weniger der Idealismus zählt, als eher die Tatsache, dass mit dem Job eine Festanstellung einher ging.
Bildung ist gleichrangig neben Arbeit
555 Insassen hat die JVA Gelsenkirchen. 50 Schüler, davon neun Frauen, nutzen das schulische Angebot. Für die inhaftierten Frauen macht ein externer Bildungsträger ein zusätzliches Angebote im Bereich Floristik, Bürokommunikation sowie Holz, Farbe, Gestaltung. Dafür stehen 36 Plätze bereit. „Die Frauen haben im Regelfall höhere Bildungsabschlüsse“, so die Erfahrung der Lehrkräfte.
Finanziert wird das Unterrichtsangebot vom Land NRW. Dahinter steht auch die Erkenntnis, dass mehr Bildung weniger Kriminalität bedeutet. Die Pädagogenstellen werden nach A 13 bezahlt. Ein- und Ausstiegsgehalt sind gleich. Eine Beförderung gibt es nicht.
Wer im Klassenraum sitzt, wird von der geltenden Arbeitspflicht in der JVA befreit. Seit Ende der 1970er-Jahre steht in der Dienst- und Vollzugsordnung des Strafvollzugsgesetzes das Wort „Bildung“ gleichrangig neben „Arbeit“. „Das wird im neuen Strafvollzugsgesetz noch stärker verankert sein“, sagt JVA-Leiter Carsten Heim.