Gelsenkirchen. Beim Neujahrsempfang der Gelsenkirchener Kleingärtner zeigte sich, wie erfolgreich die Strategie des Miteinander vor Ort in 2014 war.
Was manche Redner beim Neujahrsempfang für Gelsenkirchen als bedeutend bezeichneten, erschloss sich Betrachtern schon auf dem Weg ins Vereinsheim der Kleingärtner vom Bismarckshain: Die Parzellen mit ihren Sträuchern und Rasenflächen bieten auch bei kaltem Schmuddelwetter Labsal für wintermüde Augen.
Oberbürgermeister Frank Baranowski gehört zu denen, die das nicht nur beim offiziellen Besuch („das ist mein dritter Neujahrsempfang in 2015, sieben werden es insgesamt“) am Sonntag feststellten: „Wenn ich jogge, komme ich an der Kleingartenanlage Horst-Emscher vorbei und kann verfolgen, was wann gepflanzt wird und wie die Gärten allmählich winterfest gemacht werden.“
Generalvertrag soll 2015 endlich abgeschlossen werden
In Gelsenkirchen gibt es zwischen Politik, Verwaltung und den organisierten Kleingärtnern mehr Harmonie als in vielen Nachbarstädten, was die Besucher der Verbände aus Bochum, Recklinghausen und Essen mit einem gewissen Neid betrachten konnten. Stadtverbandsvorsitzender Franz Theilenberg betonte, dass es zwar „Baustellen“ gäbe, aber keine Reibereien. „Der Generalvertrag sollte zwar 2014 unterzeichnet werden, aber dass sich das hinzieht, hat nachvollziehbare Gründe.“ So musste sich nach den Kommunalwahlen in den Behörden einiges finden, und Pfingststurm „Ela“ forderte Zeit und Personalkraft, bis heute. Dass der Generalvertrag 2015 zustande kommt, dessen sind sich alle Beteiligten sicher. Baranowski: „Tatsächlich wird er ja schon gelebt.“
Unter den Ehrengästen im Vereinsheim von Bismarckshain wurde besonders Erika Neubaum begrüßt. Theilenberg: „Ich darf das sagen: Sie ist am 27. Dezember 90 Jahre alt geworden. 45 Jahre war sie für den Stadtverband tätig, die Hälfte ihres Lebens.“ Dazu bemerkte die Dame trocken: „Das hält jung, wie man sieht.“
Rührende Post aus Nadeschda als Dank vom unterstützten Kinderheim
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Für einen anrührenden Aspekt sorgt Franz Theilenberg, der aus Briefen zitierte, die ihm Dolmetscher Pavel geschrieben hatte, der 2014 eine weißrussische Besuchergruppe aus „Nadeschda“ (zu deutsch Hoffnung) begleitet hatte. In Nadeschda, durch das Reaktorunglück von Tschernobyl in Mitleidenschaft gezogen, gibt es ein Kinderheim, das die Gelsenkirchener Kleingärtner unterstützen. Dolmetscher Pavel schrieb an Theilenberg, auch im Hinblick auf den Konflikt in der Ukraine, der in Weißrussland die Menschen beschäftigt: „Intelligente Leute setzen sich an einen Tisch und reden, Bornierte greifen zu den Waffen.“
Der Stadtverband ist auch bei Streitigkeiten gefordert und gefragt. Franz Theilenberg bezog sich in seiner Neujahrsansprache auf einen Fall, über den die WAZ in ihrer Ausgabe berichtet hatte: Ein Mann (80) habe kritisiert, dass er seinen Garten zurückbauen müsse, obwohl ein interessierter Nachfolger ihn übernehmen würde, inklusive Betonierung. Dazu Theilenberg: „Wir haben Gesetze, Verordnungen und unsere Satzung, an die wir uns halten müssen. Wir alle.“ Ausnahmen akzeptieren hieße, Präzedenzfälle zu schaffen. Versöhnlich merkte dazu Oberbürgermeister Baranowski an, vernünftige und einvernehmliche Lösungen seien bisher immer noch gefunden worden.